KLEIDERKAUF : Geld zurück
Neulich las ich einen Artikel von Charlotte Roche. Sie schreibt, dass sie immer alles kauft, was ihr gefällt. Ich habe beschlossen, das ab jetzt genauso zu machen. Denn auch wenn ich gemeinhin großen Wert darauf lege, geschlechtsspezifische Diskurse stets zu hinterfragen, ist es nun mal eine unverrückbare Tatsache, dass ich absolut überhaupt nichts zum Anziehen habe.
Wenn ich verzweifelt den Kleiderschrank ausweide und seine unbrauchbaren textilen Innereien im Zimmer verteile, fragt Paul nicht mehr: „Und was ist das da?“ Er hat mittlerweile eingesehen, dass es Sachen gibt, die er nicht versteht. Er zuckt mit den Schultern und geht woandershin.
Frieda ist da ganz anders. Frieda sagt das Richtige. Dafür sind Freundinnen da. Sie sagt zum Beispiel: „Ab und an braucht der Mensch nun mal eine neue Hose.“ Und dann gehen wir los und kaufen eine. „Guten Tag! Ich möchte genau diese Hose noch mal haben“, sage ich zur Verkäuferin. „Also ohne Löcher und weniger ausgewaschen“, erwidere ich ihren Blick. Und dann geht die Verkäuferin und kommt wieder mit einem ganzen Arm voller Hosen. Ich ziehe mich aus und an, bis zum Umfallen, weil wieder kein Hocker in der Kabine steht. Früher habe ich am Ende keine Hose gekauft, weil sie alle nicht das Richtige waren. Heute nehme ich einfach die, die mir am besten gefällt, bezahle sie und trage sie in einer Plastiktüte in den nächsten Kaffeeladen. „Man muss sich ja auch belohnen“, sagt Frieda.
Zu Hause stehe ich in der neuen Hose vorm Spiegel. Paul kommt rein und sagt: „Die sieht doch gut aus!“ Aber das sagt er bei jeder Hose, ich glaube ihm kein Wort. Charlotte Roche lässt sich die Sachen ändern, wenn sie nicht passen. Ich werde die Hose morgen zurückgeben. Das ist nämlich ein Spaß, der reichen Menschen versagt bleibt: die Freude, das Geld zurückzukriegen. „Man muss die Dinge positiv sehen“, sagt Frieda. LEA STREISAND