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Archiv-Artikel

KLAUS-HELGE DONATH ÜBER DEN STREIT ZWISCHEN JAPAN UND RUSSLAND Bilateraler Theaterdonner

Der Konflikt zwischen Russland und Japan um die südlichen Kurilen-Inseln belastet seit mehr als 60 Jahren die Beziehungen der beiden Länder zueinander. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs gehört dieser Streit zum bilateralen Alltag wie das stürmische Wetter auf dem unwirtlichen Archipel. Da sie die Besitzfrage nicht klären können, haben Japan und Russland bis heute keinen Friedensvertrag geschlossen. Formal gesehen befinden sie sich also nach wie vor im Kriegszustand. Bei Bedarf lässt sich der Gebietskonflikt in beiden Ländern mühelos instrumentalisieren. So war auch absehbar, dass die Visite des russischen Präsidenten Dmitri Medwedjew auf der Insel Kunaschir in Tokio als Provokation empfunden wird, indessen beim heimischen Publikum gut ankommt. Auch der Abzug des japanischen Botschafters aus Moskau überrascht nicht.

Fakt ist, dass sich ein russischer Herrscher eine kompromissbereite Haltung nicht erlauben kann. Russland definiert sich über seine räumliche Größe. Es ist der einzige gemeinsame Nenner, der die atomisierte Gesellschaft nach dem traumatischen Zerfall des Sowjetimperiums zusammenhält. Daher lassen sich Besitzansprüche von Außen im Nu in einen kollektiven Wir-Affekt umwandeln. Wie lange der Konflikt bereits zurückliegt, spielt dann keine Rolle mehr.

Auch in Japan ist es für keinen Politiker opportun, das historische Kapitel abzuschließen. National-konservative Kräfte und Insel-Lobbyisten haben dort einen ähnlich großen Einfluss auf die Politik wie einst die Vertriebenenverbände in Deutschland.

Gleichzeitig hat sich längst eine Alltagsrealität etabliert, die diese historische Streitigkeiten ignoriert. Denn die russischen Kurilen sind längst in die japanische Wirtschaft integriert, und die Japaner können die „nördlichen Territorien“ ohne Visa besuchen.

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