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Archiv-Artikel

KIM TRAU POLITIK VON UNTEN Ist Pink nicht geil?

In Kinderzimmern oder bei der israelischen Armee: Ein Plädoyer gegen die Politisierung einer Farbe

In meiner letzten Kolumne habe ich mich darüber beschwert, dass es keine pinken Sneaker gäbe, jedenfalls nicht in 44. Nun, ich habe sie gefunden!

Das Design hätte allerdings etwas zarter, um nicht zu sagen weiblicher sein können, aber egal, Hauptsache, sie sind pink. Macht mich das zu einem Mädchen? Habe ich nicht erst vor Kurzem davon gelesen, dass die Geschlechterstereotype gerade bei Kindern wieder rigider werden?

Zumindest was Farben angeht, soll es fast schon einen Zwang zu Pink, Rosa und bunt auf der einen Seite und Blau und einfarbig auf der anderen geben. Interessanterweise arbeitet sich die Kritik hier vor allem an allem Pinken ab. Pink hat ein Imageproblem, so viel steht fest. Das geht so weit, dass der israelischen Regierung vorgeworfen wird, sie würde Pinkwashing betreiben. Das heißt, sie versuche, menschenrechtliche Defizite in anderen Bereichen mithilfe einer toleranten Haltung und finanziellen Förderung von LSBT(lesbisch/schwul/bisexuell/trans*)-Projekten zu kaschieren. Tragisch ist daran, dass in beiden Fällen gerade das, worauf sowieso schon oft genug hinabgeblickt wird, Weiblichkeit und LSBT-Menschen, zu einer Projektionsfläche für eine ganz andere Kritik werden. Das finde ich bedenklich, egal ob die Kritik an sich unterstützenswert ist oder nicht. Die Bilder nämlich, die sich dahinter verbergen, sind voller Ressentiments. Das Kinderzimmer ganz in Pink darf nicht etwa für Selbstvertrauen und Lebensfreude stehen oder einfach nur schön sein, sondern ist Ausdruck von Passivität und hirnlosem Konsum.

Die Realität ist komplizierter, auch meine eigene. So frage ich mich, ob ich mir diese pinken Sneaker überhaupt gekauft hätte, wenn sie nicht so stark mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht würden und damit auch zu einem, zu meinem Statement werden können: Seht her, ich bin weiblich, ich bin eine Frau und ich bin stolz darauf! Dass dieses Statement missverstanden werden könnte, sagt uns dabei auch so einiges über unsere Gesellschaft.

Als ich mit elf, zwölf Jahren noch bei der Jugendfeuerwehr war und eine blaue Uniform trug, stand diese mitnichten für Männlichkeit, jedenfalls nicht für mich. Jedes Kind, jede Person ist ein Individuum. Dann kann es irgendwann auch keine Rolle mehr spielen, ob Prinzessinnen Prinzen in ihren Armen wiegen oder Feuerwehrmänner an Nähmaschinen sitzen. Und ist Pink nicht eine geile Farbe, von mir aus gerne auch 10.000 Meter unter dem Meer, in Tel Aviv oder Ramallah, egal an welchem Körper?

Die Autorin studiert Geschichte in Berlin und engagiert sich bei Transgender Europe Foto: privat