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Archiv-Artikel

KAUM NOCH HOFFNUNG FÜR DIE ITALIENISCHE FLUGLINIE ALITALIA Selbstmord vor dem Exitus

Verdient so etwas die Bezeichnung „Hilfe“? Da verspricht Italiens Regierung ihrer krisengeschüttelten Fluglinie Alitalia eine Unterstützung von 100 Millionen Euro – während das Unternehmen täglich 1,2 Millionen Euro Miese hereinholt. Spätestens in 80 Tagen ist die Airline dann wohl wieder dort, wo sie heute steht: vor der Pleite.

Von einem wirklichen Rettungsplan für die zu fast zwei Dritteln in Staatsbesitz befindliche Gesellschaft findet sich dagegen keine Spur. Der letzte Alitalia-Chef, der sich an der Sanierung versuchte, wurde vor wenigen Wochen abserviert, als Bauer auf dem Schachbrett eines der vielen Koalitionskräche in Rom. Trotz neoliberaler Rhetorik nämlich betrachtet die in Italien regierende Rechtskoalition Staatsunternehmen wie gehabt als Anhängsel der Politik – zur Not bis zum Absturz. So hat Arbeitsminister Roberto Maroni denn auch ganz andere Schuldige ausgemacht: die Alitalia-Beschäftigten und ihre Gewerkschaften, die mit den wilden Streiks der letzten Tage dem Unternehmen endgültig das Grab grüben.

Gewiss: Die vielen Kleingewerkschaften der Alitalia haben oft genug Klientelinteressen vertreten, doch der Zorn der Streikenden ist nur zu verständlich. In den letzten Jahren haben die Alitalia-Angestellten auf zahlreiche Privilegien verzichten müssen, doch heute schaffen viele von ihnen zu ausgesprochen niedrigen Löhnen, oft genug nur noch mit Zeitverträgen. Dass jetzt wieder 1.000 rausgesetzt und weitere 2.000 „outgesourct“ werden sollen, brachte das Fass zum Überlaufen.

Der Streik droht nun zum Verzweiflungsakt zu werden – zum Selbstmord vor dem Exitus. Die Regierung wäre bei den neuen Verhandlungen zwischen Alitalia-Spitze und Gewerkschaften gleich doppelt gefordert, als Vermittlerin zwischen den Sozialparteien, aber auch als Mehrheitseignerin. Sie hätte realistische Perspektiven für das Unternehmen zu formulieren. Als Großindustrieller weiß Berlusconi, wie ein angeschlagener Konzern zu sanieren ist. Doch als italienischer Ministerpräsident bringt er für ein Unternehmen, das ihm nicht gehört, kein Interesse auf. MICHAEL BRAUN