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Archiv-Artikel

KATALONIEN BEKOMMT SEIN SONDERSTATUT – DIE UNZUFRIEDENHEIT BLEIBT Mehr Rechte für wenige

Im spanischen Parlament gehen die Meinungen über das neue katalanische Autonomiestatut weit auseinander. Für die Linksnationalisten der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) ist es „ein gutes Statut für Spanien und ein schlechtes Statut für Katalonien“. Für die in Madrid und Barcelona regierenden Sozialisten, die gemäßigten Nationalisten verschiedener Regionen und die Postkommunisten ist es „ein gutes Statut für Katalonien und für Spanien“. Und für die konservative Volkspartei (PP) ist der Text „schlecht für Spanien und gut für Katalonien“.

Im Grunde geht es um das Konzept des demokratischen Spaniens. Diese Debatte lässt das Land seit der Verfassung von 1978 nicht mehr los. In der Charta Magna ist Spanien ein Föderalstaat und ist es doch nicht. Nach dem Ende der Diktatur 1975 versuchten die Anhänger des alten Regimes, vom Zentralismus zu retten, was zu retten war. Die Nationalisten – vor allem aus dem Baskenland und Katalonien – versuchten so viel Autonomie zu erhalten wie nur möglich. Was dabei herauskam, stimmt bis heute niemand wirklich zufrieden. Zwar wurde auch das restliche Land in autonome Regionen aufgeteilt, doch der Föderalismus blieb „asymmetrisch“, wie dies in Spanien gerne genannt wird: Einige Regionen haben viele Rechte, andere wenige. Genau hier liegt das Problem – auch wenn letztlich Katalonien auch nicht mehr Selbstverwaltung erhält als ein deutsches Bundesland oder ein Schweizer Kanton.

Die Nationalisten verteidigen die Ungleichbehandlung, unterstützt von den Sozialisten, die in Madrid und in Barcelona mit radikalen katalanischen Nationalisten koalieren. Doch die Konservativen von der PP haben Recht: Mehr Rechte für wenige bedeute automatisch weniger Rechte für viele. Doch einen Ausweg aus dem Dilemma zeigen auch sie nicht. Denn der müsste „symmetrischer Föderalismus“ heißen, also mehr Kompetenzen für alle Regionen. Doch das wagt die PP nicht einmal anzudenken. Dafür ist sie zu stark dem Zentralismus verhaftet. Und wenigstens der ist überlebt.

REINER WANDLER