KAI SCHÖNEBERG ÜBER DIE ZUKUNFT DER WARENHAUSKETTE : Benko rettet Karstadt nicht
Die erste Frage ist doch: Warum steigt ein abgezockter Unternehmer wie René Benko in eine pleituöse Unternehmung wie Karstadt ein? Um als weißer Ritter weiter die zuletzt 160 Millionen Euro Verlust jährlich auf den Tisch zu legen? Sieht er gar das, was sonst eigentlich niemand sieht, nämlich eine Zukunft für das Konzept Alles-Kaufhaus in Deutschland?
Wer etwas genauer hinschaut, sieht: Der Immobilienhändler Benko wurde geradezu gezwungen, die Karstadt-Fragmente zu erwerben. Letztlich musste der Österreicher nämlich sein eigenes Überleben sichern. Benko gehören nicht nur zu einem Großteil die drei Premium- (KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg, Oberpollinger in München) und 28 Sport-Häuser, sondern auch bereits die Immobilien von 18 Karstadt-Filialen bundesweit. Eine Pleite der Berggruen-Häuser hätte Benkos Signa-Gruppe selbst bedroht.
Wie viele von den 83 Filialen letztlich übrig bleiben, ist völlig offen. Er ist schließlich Immobilienentwickler. Auch das marodeste, kundengemiedenste Kaufhaus liegt in der Filet-Citylage einer deutschen Großstadt: Reinpassen könnten hier auch Shoppingcenter mit vielen verschiedenen Läden oder Büros, selbst Wohnflächen sind nicht unmöglich.
Also die dritte Frage: Was geschieht mit den 17.000 Mitarbeitern? Auf jeden Fall dürften mit dem Einstieg Benkos bei Karstadt die Gerüchte um die alte Deutsche Warenhaus AG wiederaufleben. Noch-Konkurrent Kaufhof hatte allerdings früher nur Interesse an höchstens 25 Standorten gezeigt. In Kürze dürfte Benko seine Pläne vorstellen. Es gibt auch Karstadt-Häuser, die gut laufen. Aber traurig und wahr: Einige Karstadt-Mitarbeiter sollten schon anfangen, sich einen neuen Job zu suchen. Denn: Als Samariter ist René Benko nicht bekannt.
Wirtschaft + Umwelt SEITE 8