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Archiv-Artikel

KAI SCHÄCHTELE WUTBÜRGER Angst vor acht Cent

Wir Schwaben werden ständig missverstanden. Man sagt uns nach, wir seien die Kehrwochen-Mafia. Dabei haben wir es nur gern ordentlich. Man hält uns vor, dass wir Spätzle für die Krone der kulinarischen Schöpfung halten. Dabei ist das nur richtig. Und man unterstellt uns, wir seien geizig. Dabei geht es uns nur um einen effizienten Einsatz der Ressourcen.

Geld zu verschwenden bereitet uns genauso körperliche Schmerzen wie zu einer Verabredung in einem unbekannten Café zu spazieren und irgendwann zu merken, zu weit gegangen zu sein. So wie neulich, als ich eine Jumbotafel eines Quadrat-Schokoladen-Produzenten mit schwäbischen Wurzeln bezahlen wollte. Ihr Preis: 9,90 Euro. „Mit EC-Karte? Geht erst ab 10 Euro“, sagte eine junge Dame in dem Schoko-Showroom und schlug vor, eine Mini-Tafel für 24 Cent dazu zu nehmen. Ich hätte ihr erklären können, dass das aus körperlichen Gründen nicht geht, aber selbst das war mir zu anstrengend. Und zahlte bar.

Erst ab einem willkürlich festgesetzten Mindestwert mit EC-Karte zahlen zu können, ist hierzulande eine große Unsitte, wo man in anderen Ländern sogar einen Kaugummi mit Plastikgeld bezahlen kann. Aber bei uns? Soll man mit Verweis auf die Kosten für den Händler einfach ein bisschen mehr einkaufen. Aber nicht mit mir, Freunde des Einzelhandels. Ich habe beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband nachgefragt, wie teuer eine EC-Kartenzahlung tatsächlich ist: „0,3 Prozent des Zahlungsbetrags, mindestens jedoch EUR 0,08 pro Transaktion.“ Aus Angst vor 8 Cent verprellen Supermärkte, Apotheken und Quadrat-Schokoladen-Produzenten in Deutschland Tag für Tag ihre Kunden. So etwas kann sich ja wohl nur ein Schwabe ausgedacht haben.

Hier wüten abwechselnd Kai Schächtele und Isabel Lott