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KABINETT PRODI: AUSGERECHNET JUSTIZ UND MEDIEN SCHWACH BESETZT Entberlusconisierung dauert

Fünf Jahre werde seine Regierung überdauern, kündigte Romano Prodi bei der Vereidigung seines Kabinetts an. Das ist angesichts seiner denkbar knappen, bunt zusammengewürfelten Mehrheit im Senat ein ziemlich kühnes Versprechen. Gehalten hat es in jüngerer Vergangenheit nur einer: Silvio Berlusconi, der tatsächlich nach seinem Sieg 2001 eine ganze Legislaturperiode im Sattel blieb. Und der seine fünf Jahre nutzte, um das Land nach Kräften zu „berlusconisieren“, mit Justiz- und Mediengesetzen nach seinem Bedarf, aber auch mit seiner Steuer-, Arbeitsmarkt- und Schulpolitik.

Die gleiche Frist wird nötig sein, um die nötigen Aufräumarbeiten zu leisten. Doch außer Zeit braucht es auch Kraft – und Willen. Tommaso Padoa Schioppa im Schatzministerium weckt in der Tat die Erwartung, dass mit der kreativen Haushaltsführung unter Berlusconi ebenso Schluss sein wird wie mit den dauernden Steueramnestien zugunsten der Bessergestellten. Doch die wahren Schlachten mit Berlusconi werden auf jenen Feldern geschlagen, die den neuen Oppositionsführer am meisten interessieren: Justiz und Medien. Und da fragt man sich: Welcher Teufel hat Prodi geritten, das Justizministerium ausgerechnet Clemente Mastella anzuvertrauen? Mastella, alter christdemokratischer Fuchs, ist heute Chef der einer Minipartei, die reichlich Politiker zu bieten hat, gegen die Korruptionsverfahren laufen. Übermäßigen Willen, nun nach fünf Jahren der Berlusconi-Dauerattacken auf die Justiz wieder den Staatsanwälten den Rücken zu stärken, darf man bei Mastella nicht vermuten.

Enttäuschung droht den Linkswählern auch auf dem Feld der Medienpolitik. Der neue Telekommunikationsminister Paolo Gentiloni will zwar strengere Konzentrationsgrenzen für den Medienmarkt. Doch die bremsen höchstens die weitere Expansion des Berlusconi-Konzerns, beschneiden aber kaum sein Quasi-Monopol. Gut möglich also, dass es auch hier für Berlusconi gar nicht so schlimm kommt. Und dies wäre wirklich fatal für Italien, für Italiens Linke: eine Regierung Prodi, die fünf Jahre bloß „überdauert“. MICHAEL BRAUN