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Justiz in FrankreichEx-Premier vor Gericht

François Fillon, seiner Frau Penelope sowie einem Abgeordneten wird wegen Unterschlagung öffentlicher Gelder ab Montag der Prozess gemacht.

Noch läuft er frei herum: Frankreichs Ex-Premier François Fillon Foto: reuters

Paris taz | Frankreichs früherer Premierminister François Fillon steht ab Montag an der Seite seiner Gattin und seines Nachfolgers als Abgeordneter in der Nationalversammlung, Marc Joulaud, vor Gericht. Der spektakuläre Prozess hat in den Medien längst seinen Namen „Penelopegate“, weil Penelope Fillon beschuldigt wird, während vieler Jahre von ihrem Mann und danach von dessen Stellvertreter im Parlament Gehälter als Assistentin bezogen zu haben, ohne dafür eine effektive Arbeitsleistung erbracht zu haben.

Das französische Strafrecht und die nicht minder unnachsichtigen Medien nennen das Delikt dieser mutmaßlichen Art von Unterschlagung öffentlicher Gelder zur Finanzierung einer Partei oder für private Zwecke „emploi fictif“. Fiktiv ist dabei das Pflichtenheft, reell dagegen die Bezahlung der Stelle aus staatlichen Mitteln.

Diese Form der familieninternen Begünstigung ist im Gefolge des Fillon-Skandals übrigens gesetzlich ausgeschlossen worden. Familienangehörige dürfen nicht länger als MitarbeiterInnen von gewählten Politikern aus Subventionen finanziert werden. Damit hat der Gesetzgeber aus dem Fall Filion bereits eine Lehre gezogen.

Für die Anklage geht es vor Gericht darum, zu beweisen, dass Penelope Fillon tatsächlich keine ihrer Entlohnung entsprechende Arbeit geleistet hat. Die Verteidigung der drei Angeklagten dagegen will das Gegenteil beweisen, obschon die Untersuchungsrichter in zwei Jahren bei Durchsuchungen und Nachforschungen in Archiven sowie bei der Befragung zahlreicher Zeugen keine Spuren oder Belege einer ernsthaften Tätigkeit der angeblichen Assistentin gefunden haben.

Rückerstattung ans Parlament

Was Fillon als Abgeordneter für seine Gattin und später als Senator in geringerem Ausmaß auch noch für zwei seiner erwachsenen Kinder in die Wege geleitet hatte, führte danach sein Nachfolger Joulaud aus Gefälligkeit weiter. Bei einem Schuldspruch droht nun den dreien eine maximale Haftstrafe von zehn Jahren. Zudem müssen sie damit rechnen, der Nationalversammlung eventuell unrechtmäßig bezogene Gelder in Höhe von mehr als einer Million Euro zurückerstatten zu müssen.

Das Jahr 2017 hatte für den Konservativen Fillon, der bereits auf eine steile politische Karriere als Parlamentarier und mehrmaliger Minister und schließlich Regierungschef von Präsident Nicolas Sarkozy zurückblicken konnte, mit der Aussicht auf einen fast sicheren Sieg bei den Präsidentschaftswahlen begonnen.

Die Popularität des scheidenden sozialistischen Staatschefs François Hollande war so sehr gesunken, dass dieser nicht einmal zu einer Wiederwahl antreten konnte. Und den jungen Ex-Präsidentenberater und Wirtschaftsminister Emmanuel Macron nahm Fillon als Kandidaten wie die meisten in Frankreich damals ohnehin nicht für voll. Beim absehbaren Finale gegen Marine Le Pen konnte sich Fillon so gut wie gewählt wähnen.

Nach ersten Enthüllungen am 25. Januar 2017 in der Wochenzeitung Canard enchaîné zerplatzten diese Träume wie ein Ballon. In mehreren Etappen lieferten andere Medien wie Mediapart weitere Informationen. Diese konnten den Verdacht erhärten, dass das Ehepaar Fillon auf die geschilderte Weise jahrelang öffentliche Gelder zweckentfremdet habe, was der Präsidentschaftskandidat verzweifelt zu leugnen versuchte.

Auch heute noch bezeichnet Fillon die Anwürfe als böswillige Unterstellung. Seine Frau Penelope wird zudem beschuldigt, sie sei von einem bekannten Verleger ebenfalls aus Gefälligkeit gegenüber Fillon beim Literaturmagazin Revue des deux mondes angestellt und für eine inexistente Arbeit fürstlich bezahlt worden. Der geständige Verleger ist in dieser Affäre eines „emploi fictif“ bereits verurteilt worden.

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