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Joschka Fischer berät ReweDick im Geschäft

Joschka Fischer besiegelt auf einem Supermarktparkplatz seine Beratertätigkeit für den Handelskonzern Rewe. Die Bosse platzen vor Stolz fast aus den Anzugnähten.

Wieder mal den Geruch der Geschichte einatmen? Nein, nur den einer Melone im Rewe-Discounter zu Mainz. Bild: dapd

Der ehemalige Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, Joschka Fischer (62), kämpft noch immer in der Schwergewichtsklasse. In jeder Beziehung. Und jetzt mit seiner vor einem Jahr in Berlin gegründeten Unternehmensberatungsfirma Joschka Fischer & Company auch für den europaweit agierenden Handels- und Tourismuskonzern Rewe. Zur "Einweihung" des zweiten grünen Pilotmarktes der Group jedenfalls kam Fischer am Montagvormittag nach Mainz. Und die Bosse von Rewe platzten vor Stolz über ihren Coup mit dem "weltweit anerkannten Experten für Nachhaltigkeit", so Vorstandschef Alain Caparros, fast aus den Nähten ihrer Businessanzüge.

Überm Gürtel

Mit der Einordnung seiner Person in die Schwergewichtsklasse in der einen, ganz offensichtlichen Beziehung - der gewaltige Bauch hängst über dem Hosengürtel, die knallrote Krawatte legt sich gnädig darüber - kokettiert Fischer, dessen langer Lauf zu sich selbst jetzt doch schon einige Jahre zurückliegt, durchaus heiter gestimmt gleich zu Beginn seines Vortrags. Jeder könne ja sehen, dass er ein "leidenschaftlicher Esser" sei. Auch einkaufen gehe er als Hobbykoch gern. Und mit Rewe sei er schließlich groß geworden, "weil das der erste Supermarkt in meinem Viertel war".

Rewe und Joschka Fischer; eine lebenslange lockere Verbindung also. Und jetzt hat das, was offensichtlich schon länger zusammengehörte, in einer für Fischer & Co. sicher lukrativen und auch für Rewe lohnenden festen Verbindung zueinander gefunden. In der Zusammenarbeit mit Rewe, sagt Fischer dann bestimmt, gehe es um die schwierige Frage der Interdependenz zwischen "Nachhaltigkeit und Kundenakzeptanz", um den "zukünftigen geschäftlichen Erfolg" also. Dafür werde man verlässliche Kriterien erarbeiten.

Nein. Auf Plakaten etwa für fair gehandelte spanische Erdbeeren aus ökologischem Anbau - das aktuell von Rewe mit dem Nachhaltigkeitslabel "Pro Planet" ausgezeichnete Produkt - werde er zukünftig nicht zu sehen sein, weist der zuletzt in den Staaten an renommierten Universitäten Vorlesungen und Vorträge zur Weltökonomie haltende Elderstatesman entsprechende Mutmaßungen zurück. Würde das jetzt auch noch von ihm erwartet, sagt er mit Blick auf Konzernboss Caparros belustigt, müsse über sein Honorar neu verhandelt werden.

Unter Fans

Fischer souverän wie immer. Und er begeistert das Auditorium mit den aus ganz Europa angereisten Topmanagern im weißen Zelt auf dem Supermarktparkplatz, die am Ende der kurzen Rede des grünen Privatiers ohne Amt und Mandat spontan aufstehen und applaudieren; allen voran Big Boss Caparros aus Frankreich. Fischer habe "uns" eben allein durch seine Anwesenheit und seinen Wortwitz das wohlige Gefühl vom "rot-grünen Aufbruch" Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts - nach der bleiernen Ära Helmut Kohl - zurückgegeben, meinte später ein aus der Kölner Zentrale von Rewe angereister Fischer-Fan in Nadelstreifen. Danach tritt "Buddha" Fischer von der Bühne ab, weise lächelnd und mit über dem gigantischen Bauch gefalteten Händen.

Nostalgie pur also in Mainz. Aber auch ein bisschen Trauer darüber, dass Fischer "der letzte Vertreter einer fast schon ausgestorbenen Politikergeneration ist, die ihren Beruf noch mit Herz, Leidenschaft und Verstand ausgeübt hat und dafür vom Volk geliebt und respektiert wurde", sagt später ein Kunde Mitte 50 (Lehrer) im neuen Markt mit der Solaranlage auf dem Dach und der Wärmepumpe im Keller, als Fischer, eskortiert von einer Managerriege, an den Obst- und Gemüseregalen vorbeirauscht. Der amtierende Außenminister verliere schließlich schon die Contenance, wenn ihn im Ausland jemand auf seine mangelhaften Englischkenntnisse anspreche. Und was sagt Fischer selbst dazu? "Froh" sei er, den ganzen Stress mit der Politik endlich hinter sich gelassen zu haben. Jemand von Rewe reicht ihm ein Glas nachhaltiges Mineralwasser. Fischer trinkt. Blitzlichtgewitter.

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