WENN DER POSTMANN EINMAL KLINGELT : „Jerichow“ von Christian Petzold
Ein wenig kultureller Snobismus schleicht sich sogar bei Filmkritikern ein: Als Christian Petzolds neuer Film im Herbst bei den Filmfestspielen von Venedig aufgeführt wurde, schrieben viele Kollegen, er sei „Ossessione“ von Luchino Visconti nachempfunden. Nun mag das ja gut zu Venedig passen, und ganz falsch ist es auch nicht - aber Visconti hat damals den amerikanischen Groschenroman „The Postman Always Rings Twice“ von James M. Cain verfilmt, der danach noch zweimal in den USA adaptiert wurde, darunter auch die vermeintliche Skandal-Version mit Jack Nicholson und Jessica Lange. Warum also der sekundäre Bezug und das Schweigen über die tatsächliche Quelle? Visconti ist halt Hochkultur und Cain Pulpfiction. Interessant an Petzolds Variation des Themas ist übrigens, dass er den letzten Akt ganz anders enden lässt. Bei ihm klingelt der Postmann also nur einmal.