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Jenni ZylkaCultural AppreciationKultur auch mal mit Geld honorieren

Foto: privat

Have a drink, it will make me look younger“ ist eine der besten Roger-Sterling-Lines aller Zeiten. Der weißhaarige „Mad Men“-Charakter bekam von den „Mad Men“-Autor:innen immer wieder brillante One-Liner geschenkt, und durfte damit über alle Staffeln punkten. Verantwortlich für diesen besonders großartigen Spruch war im Jahr 2010 Erin Levy, eine Autorin aus dem Team des Showrunners Matthew Weiner.

Sogar beinharte „Mad Men“-Fans werden den Namen Erin Levy kaum kennen. Denn Dreh­buch­au­to­r:in­nen sind – bei Filmen wie bei seriellen Produktionen – meist unsichtbar: Zu sehr ist die Aufmerksamkeit auf Regie und Schauspiel fokussiert; zu vertraut sind Formulierungen wie „Ein Ridley-Scott-Film“ – selbst wenn das Drehbuch zu „Alien“ nicht vom nämlichen Regisseur, sondern von Dan O’Bannon (adaptiert von seiner eigenen Kurzgeschichte) stammt.

Dass die Dreh­buch­au­to­r:in­nen Hollywoods nicht öfter streiken als alle 15 Jahre, ist also schon mal erstaunlich; dass sie es jetzt tun, verständlich. Sie streiken für zwei unterschiedliche Dinge: Sichtbarkeit und Honorierung.

Beide Punkte sind hochkomplex. Ein Teil der Forderungen der US-amerikanischen Gewerkschaft betrifft KI: „Wir möchten festschreiben lassen, dass KI nicht für das Verfassen von Drehbüchern benutzt werden darf“, erklärte Adam Conover, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Writers Guild of America in einem Interview und meint damit nicht einmal die Gefahr überzeugender, genuiner KI-Drehbuchideen – die eh kaum vorstellbar sind: Die Komplexität der Prämissen, Handlungsstränge und Figurenanlagen übersteigt schon bei „Vier Fäuste für ein Halleluja“ die Fähigkeiten jeder KI. Und für Sprüche wie dem Sterling-Gag braucht man etwas, was nicht mal manchen Menschen beizubringen ist: Sinn für Humor.

Doch vielleicht hoffen die Studios, eine KI könnte zumindest für das Script- oder Dialog-Polishing, also das Anpassen von Handlungssträngen oder Dialogen an bestimmte Formate eingesetzt werden. Sie lehnten jedenfalls bisher ab, sich prinzipiell gegen künstliche Kollegen auszusprechen – schließlich wären die unschlagbar günstig. Und würden nur streiken, falls ihr System zu spät upgedatet wird.

Beim zweiten Punkt des Streiks, der mittlerweile einen großen Teil der Produktionen in Film und Fernsehen und stark auch die „Late Night Shows“ mit ihrer personalisierten Präsentation anderer Leute Witze betrifft, geht es um Evaluation und finanzielle Honorierung von Kultur.

Die ist prinzipiell kompliziert und streitanfällig. Denn im Gegensatz zum Sport, wo der Mensch ausgezeichnet wird, der am schnellsten rennt, gibt es für „das Beste“ in der Kunst keine allgemeingültigen Kriterien. Und Quote dürfte eigentlich nicht gelten: Der alberne, schwerfällig konstruierte Fantasy-Versuch „Der neunte Arm des Oktopus“ vom Drogeriemogul Dirk Roßmann stand wochenlang auf Platz eins der Spiegel-Beststellerliste. Und ein Kinokassenhit wie „Keinohrhasen“ ist höchstens mittelfunny. Doch aufgrund der Subjektivität dieser Einschätzungen haben Kulturleute kaum eine andere Möglichkeit, als sich Marktgesetzen zu unterwerfen.

Darum marschieren Hollywoods Dreh­buch­au­to­r:in­nen momentan auch für eine größere Beteiligung am Gewinn bei „erfolgreichen“ Produktionen, egal ob man die nun mag oder nicht. Bei dem mäßig erfolgreichen Amazon-Prime-„Herr der Ringe“-Prequel „The Rings of Power“ könnte das interessante Folgen haben: Die Variety berichtet, dass deren Showrunner wegen des Streiks nicht mehr arbeiten und die exorbitant teure Serie jetzt von „Execu­tives“, also Nicht­au­to­r:in­nen weiterproduziert wird.

Jenni Zylka, freie Autorin, lebt in Berlin.

Sollte das Fantasyspektakel vor den Augen der Nerds nun also Gnade finden, mehr gestreamt und dadurch als „erfolgreich“ eingestuft werden, müssten man diese Nicht­auto­r:in­nen stärker am Gewinn beteiligen. Oder zumindest der verantwortlichen KI ein schickes neues Systemupdate spendieren.

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