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Jasmin RamadanEinfach gesagtWarum einem Beate Zschäpe und Frauke Petry leid tun können

Foto: Roberta Sant'anna

Frauke Petry und Beate Zschäpe tun mir ja schon fast leid “, sagte die Moderatorin, die im Café Paris, nahe des Rathausmarktes, beim Katerfrühstück am Nebentisch saß.

„Wieso das denn?“, fragte ihre Freundin. Und der Sportjournalist fragte: „Was tut dir denn fast leid?“ „Na, die wollen beide einen Neuanfang und werden niemals aus ihrer Haut rauskommen.“

Die Klatschjournalistin rief dem Kellner zu, sie hätte jetzt gern schnell einen Stütz-Cremant und sagte dann: „Selber schuld: Einmal Nazibraut, immer Nazibraut!“

„Außer, du wirst Nazi-Ausstiegshelferin, da kann man sich schon glaubwürdig neu erfinden!“, sagte die Produzentin und fügte hinzu: „Das wäre ja ein Traum, dazu mit der Zschäpe ’ne Doku zu drehen.“

„Im Knast sind bestimmt ein paar Nazibräute, die sie bekehren könnte“, sagte die Klatschjournalistin, löffelte Obstsalat zum Cremant und die Freundin fragte: „Wieso eigentlich ,Bräute'? Frauen können doch auch ganz autonom Nazis sein.“

„Stimmt, wir Frauen können von ganz alleine Arschlöcher sein!“, sagte die Produzentin. Die Klatschjournalistin zwinkerte und sagte: „Die Zschäpe hat das ja immer eher so im Fünfziger-Jahre-Stil geschildert: Uwe und Uwe haben gemordet und hinterher hat sie ihnen im picobello aufgeräumten Wohnwagen ’ne warme Mahlzeit serviert und für Quality Time gesorgt.“

„Wer’s glaubt. Warum zeigt sie jetzt nicht wenigstens Haltung und steht zu ihrer Bösartigkeit?“, fragte die Produzentin. Die Klatschjournalistin sagte: „Frauke Petry lässt sich da nicht die Butter vom Brot nehmen – die schmiert eher noch nach!“ „Die sitzt aber auch nicht im Knast und fürchtet sich vor lebenslänglich“, sagte die Freundin.

„Aber immerhin allein im Bundestag ganz hinten auf der Bank“, sagte der Sportjournalist. „Deswegen hat die auch den Blues und ihre neue Partei Die Blauen genannt“, sagte die Klatschjournalistin. „So furchtbar die ist, Ehrgeiz hat die! Und zweifelsohne auch immer noch genug Fans und Mitstreiter“, sagte der Sportjournalist.

Die Moderatorin zuckte mit den Schultern: „Aber bei der Zschäpe ist echt alles aus, die Nazis hassen sie, weil sie nicht mehr integer ist und alle anderen haben sie schon immer gehasst.“

„Und warum tut Wander-Frauke dir nun fast leid?“, fragte die Klatschjournalistin. „Vielleicht einfach, weil sie sie ist – und vielleicht auch, weil sie so schrecklich viele Kinder hat.“ „Aber die haben sie wenigstens lieb, wie sie ist, egal was sie macht“, sagte die Klatschjournalistin. „Naja, höchstens bis zur Pubertät, dann wird’s kritisch“, sagte die Produzentin.

Und die Klatschjournalistin rief: „Wenn die Zschäpe es irgendwie hinkriegt, im Knast ein Baby zu bekommen, hilft das vielleicht, dass die Öffentlichkeit sie milder beurteilt. Das war bei Cathy Hummels auch so. Die wurde ewig nur fertiggemacht und gehasst. Egal was sie gemacht hat, alle fanden sie ätzend – aber dann, als sie endlich ein Baby vom Mats gekriegt hat, war plötzlich Ruhe, da war sie plötzlich was wert als Frau.“

„Das ist echt traurig.“

„Absolut Deprimierend.“

„Das kann einem nun wirklich leid tun.“

Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin. Ihr letzter Roman „Hotel Jasmin“ ist im Tropen/Klett-Cotta Verlag erschienen. In der taz schreibt sie im Zwei-Wochen-Takt über fragwürdige Aussagen.

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