■ Japan und die USA feiern ihre neuen Beziehungen: Sean Connery kämpft nicht mehr
Nach einem Jahrzehnt, in dem die Börsen in New York und Tokio um die Vormachtstellung in der Welt rangen, General Motors und Toyota um den ersten Platz in der Autoindustrie kämpften und Sean Connery in die Rolle eines Freiheitskämpfers gegen den japanischen Wirtschaftsimperialismus schlüpfte, scheinen sich die politischen Wogen über dem Pazifik wieder zu glätten. Washington gibt seine umstrittensten Militärbasen an Japan zurück, und Tokio öffnet seine Märkte Stück für Stück für amerikanische und andere ausländische Produkte. Bei dem heute beginnenden Japan-Besuch von US-Präsident Clinton wird das besiegelt.
Das „Liebesfest“ (Newsweek) zwischen Japan und Amerika findet nicht zufällig statt: Weil New York auf absehbare Zeit die größte Börse der Welt bleibt und Toyota kaum noch Chancen hat, General Motors vor der Jahrtausendwende zu überholen, ist dem Westen viel von seiner Angst vor Japan genommen worden. Die jüngste Übernahme des japanischen Autoherstellers Mazda durch den amerikanischen Ford-Konzern war für die Amerikaner die Botschaft, daß Japan keine uneinnehmbare Wirtschaftsfestung ist. Umgekehrt haben viele Japaner ihre Arroganz gegenüber Amerika abgelegt. Wer sich in Japan für neue Technologien interessiert, guckt erneut nach Amerika.
Die neue Ausgeglichenheit in den japanisch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen spiegelt sich auch in den Zahlen wider: Schon in wenigen Jahren könnte der chinesische Handelsüberschuß mit den USA den japanischen überholen. Darauf beruht denn auch das Kalkül vieler amerikanischer Unternehmen: Sie wollen gute Beziehungen zu Japan nutzen, um für den wachsenden chinesischen Markt starke Ausgangspositionen aufzubauen. In diesem Sinne soll Japan wieder als das alte „Tor zu Asien“ dienen.
Die japanischen Unternehmen ziehen ihrerseits gerne mit. Denn erst die Zusammenarbeit mit amerikanischen Firmen garantiert den Zugang zu den wichtigen Computertechnologien. „Der Wettbewerb amerikanischer und japanischer Firmen transformiert sich in einen Wettbewerb zwischen japanisch-amerikanischen Firmenallianzen“, schrieb der gegenwärtige deutsche China-Botschafter Konrad Seitz vor zehn Jahren. „Für Europa zeichnet sich die Gefahr ab, im 21. Jahrhundert einem japanisch-amerikanischen Hochtechnologieduopol gegenüberzustehen.“ Georg Blume, Tokio
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