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Jan-Paul Koopmann Popmusik und EigensinnSchweigen ist Gold

Von Sänger und TV-Moderator Mark Forster wollte Spiegel online neulich wissen, warum er sich trotz Weltlage nicht politisch positioniere. Und seine Antwort ist gut, weil er nämlich zurückfragt, was das eigentlich heißen soll. Ob er jetzt einen langen Facebook-Post schreiben oder einen Auftritt im „Refugees Welcome“-Pulli absolvieren muss: „Wär’s das schon?“ Man braucht Leute, die nichts zu sagen haben, auch nicht dazu zwingen. Und wenn dann einer anstatt engagierter Allgemeinplätze eben lieber Persönlich-Spezifisches aufschreibt, dann ist das mindestens sein Recht, wahrscheinlich sogar auch besser.

Nun ist es aber nicht Mark Forster, der kommende Woche in Bremen auftritt, sondern Cro. Und der kann gleich beides nicht. Wirklich: An dem Deutschpopper mit der Pandamaske kann jede Kritik nur verzweifeln. Eindimensionalität, penetrante dumm-gute Laune, die stilistische Schlichtheit – das alles hat man ihm gleich zum ersten Album mitgegeben. Von Musikexpress über Rap.de bis zu Laut.de meinten alle so: „Naja“, halt „Mittelstandmusik“. Zumindest was die musikalische Qualität angeht, waren spätere Rezensenten milder, aber bleiben wir noch kurz beim ersten Album mit dem programmatischen Titel „Raop“ (Rap plus Pop, herrjemine). Entscheidend ist jedenfalls: Dem Publikum war die so fundierte wie berechtigte Kritik komplett egal. Jedes Cro-Album hat zielsicher seinen Weg an die Spitze der Charts gefunden.

Was stimmt mit den Leuten nicht? Vor ein paar Jahren habe ich meinen Radiowecker abgeschafft wegen Cro. Sie erinnern sich: „Baby, bitte mach Dir nie mehr Sorgen um Geld / Gib mir nur deine Hand, ich kauf dir morgen die Welt / Egal wohin du willst, wir fliegen um die Welt / Hauen sofort wieder ab, wenn es Dir hier nicht gefällt“. Das ist Pipi Langstrumpf, nur in doof und für Jungs, weil er hier ja seine Hetenfreundin besingt, der er alles kaufen muss, der Arme. „Sie will Kreditkarten / und meine Mietwagen / Sie will Designerschuhe / und davon ganz schön viel haben“. Okay, okay. Erstes Album, lange her und Jugendsünde. Nur zählt das nicht bei einem Berufsjugendlichen wie Cro, wo ja auch zumindest inhaltlich (bei – zugegeben – komplexerer Musik) nichts nachkam.

Und jetzt doch noch mal Forster: Es macht eben einen Unterschied, ob einer darüber grübelt, dass er sich eigentlich lieber nicht zum Engagement pressen lassen möchte, oder ob jemand die Oberflächlichkeit bis zum Erbrechen (also meinem) auswalzt. Cro hat zwischendurch einen Film über sein Leben gemacht. Natürlich ist das eine Romantic Comedy und den alten Cro spielt Til Schweiger. All das lässt einen fassungslos zurück.

Do, 28. 11., 20 Uhr, ÖVB-Arena

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