Jamaika-Chef Müller spricht vor Landtag: Der schwarze Peter ist ergrünt
In seiner ersten Jamaika-Regierungserklärung rückt der saarländische CDU-Ministerpräsident Ökologie und Bildungspolitik in den Fokus. SPD und Lafontaine giften.
SAARBRÜCKEN taz | Die CDU Saar habe vor Jamaika ihre Grundsätze über Bord geworfen, konstatierte der Landes- und Landtagsfraktionsvorsitzende der SPD Saar, Heiko Maas, am Mittwochvormittag im Saarländischen Landtag. Maas diagnostizierte eine "fortgeschrittene politische Schizophrenie" bei Ministerpräsident Peter Müller, der kurz zuvor das Regierungsprogramm der auf Länderebene unikaten Koalition aus CDU, FDP und Grünen vorgestellt hatte.
Tatsächlich ist der "schwarze Peter" Müller offenbar über Nacht ergrünt. "Global denken - lokal handeln" ist jetzt eine Maxime seiner Regierungspolitik. Eine andere die Berücksichtigung des "Prinzips der Nachhaltigkeit". Und einen "Masterplan für erneuerbare Energien" kündige Müller auch noch mit an. Er geißelte den von Union und FDP im Bund gefassten Beschluss, alte Atommeiler länger laufen zu lassen. Im Bundesrat, so Müller, werde das Saarland gegen ein solches Vorhaben stimmen.
Vor der Landtagswahl Ende August hatte Müller noch genau das Gegenteil verkündet. Das entsprechende Zitat dazu rieb ihm Maas denn auch genüsslich unter die Nase. "Wie Schnäppchenjäger im Mediamarkt" dürften sich die Grünen bei ihren "bildungspolitischen Einkäufen" auf Jamaika vorgekommen sein, mutmaßte Maas. Gemeinsame Grundschule bis zum Ende des 5. Schuljahres, danach das "Zweisäulensystem" mit Gymnasien und Gesamtschulen für alle Bildungsabschlüsse und als "Clou" die Abschaffung der Studiengebühren mit dazu - grüne Programmatik pur. Und jetzt ist das plötzlich Regierungspolitik, wunderte sich Maas. Allerdings: Ohne Verfassungsänderungen geht nichts; und die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit gibt es von der SPD "nicht umsonst".
Der Regierungschef betonte, dass die Bildungspolitik nicht unter Finanzierungsvorbehalt stehe - trotz der dann vom Fraktionsvorsitzenden der Linken, Oskar Lafontaine, als "katastrophal" bezeichneten Finanzlage des Landes. Der an Krebs erkrankte ehemalige Ministerpräsident des Saarlandes, der an diesem Donnerstag operiert werden soll, verwies auf Altschulden in Höhe von 10 Milliarden Euro und die jährliche Neuverschuldung von einer Milliarde. Auch Müller will angesichts der latenten Wirtschaftskrise - wie von Lafontaine schon lange gefordert - eine Revision der Beschlüsse zur "Schuldenbremse" anmahnen und zieht auch den "Gang nach Karlsruhe" in Erwägung.
Lafontaine, dem von allen Fraktionen Genesungswünsche zugetragen wurden, griff die Jamaikaner scharf an. Der "heimliche Ministerpräsident des Saarlandes heißt Ostermann", sagte er. Damit spielte er giftig auf die persönlicher Verbindungen einzelner Koalitionäre zu dem als "Paten von Saarbrücken" apostrophierten Unternehmer Ostermann (FDP) an, der bei den Koalitionsverhandlungen mit am Tisch gesessen und dort die Marschrichtung vorgegeben haben soll. Da war dann der Tag für die Jamaikaner endgültig "im Dibbe", wie die Saarländer sagen.
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