JUTTA LIETSCH ZUM GENERATIONSWECHSEL AN DER SPITZE VON NORDKOREA : Es bleibt in der Familie
Von einem Machtwechsel in Nordkorea kann keine Rede sein. Nach 62jähriger Herrschaft hält die Kim-Familie die Zügel in Pjöngjang offenbar fest in der Hand. Der 68-jährige Genosse General Kim Jong Il mag krank sein, aber er hat etwas geschafft, was ihm viele noch vor Kurzem nicht zugetraut hätten: Er hat sich eine Parteiversammlung organisiert, die seiner Herrschaft den Anschein von Legitimität und Ordnung geben sollte.
Deren Botschaft lautet: Kims Schwester, sein Schwager und sein Sohn werden das Land zusammen mit ihren Leuten im Militär und in der Partei weiterführen, auch wenn er es irgendwann selbst nicht mehr kann. Chinas Regierung beglückwünscht Kim wärmstens zu dieser „Leistung“. Nichts fürchtet Peking mehr als einen Machtkampf zwischen verschiedenen Militär-Gruppen und einen gewaltsamen Zusammenbruch des Nachbarlands, dessen Generäle die Welt mit ihren Atomwaffen erpressen können – und das in den vergangenen Jahren auch gern getan haben.
Pekings Führung setzt weiterhin auf Geduld und allmähliche Reformen. Sie hat schon erreicht, dass der Nachbar wirtschaftlich und politisch so abhängig von China ist wie lange nicht. Eine Vereinigung von Nord- und Südkorea scheint in weite Ferne gerückt.
Im Frühjahr hat der Untergang eines südkoreanischen Kriegsschiffes – womöglich durch einen Torpedoangriff aus dem Norden – aller Welt dramatisch vor Augen geführt, wie schnell die Lage in Südostasien sehr brenzlig werden kann. Auf eine Annäherung zwischen Pjöngjang, Washington und Seoul und auf einen Friedensvertrag, der den Koreakrieg nach 57 Jahren endlich beenden würde, wagt derzeit kaum jemand zu hoffen. Stattdessen bedrohen sich die Kriegsschiffe in den Meeren Ostasiens mit immer neuen Manövern, und die Armeen aller Seiten rüsten auf. Auch mit einem Kim III an der Spitze sind das keine guten Aussichten für Nordkorea und die Region.
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