JUTTA LIETSCH ÜBER PEKINGS UMGANG MIT DEM SCHIFFSUNGLÜCK : Kontrollierte Informationen
Der Untergang des Yangtseschiffes mit mindestens 431 ertrunkenen Passagieren und Seeleuten gehört nicht nur zu den schlimmsten Unglücken der letzten Jahre in China. Er ist zugleich ein Lehrstück über die Informationspolitik der chinesischen Regierung: Vorbei sind die Zeiten, als man versuchte, solche Katastrophen vollständig zu verschweigen.
Das hat sich nicht bewährt, denn es hat die Bevölkerung nur misstrauisch gemacht. Jetzt haben die Fernsehsender und Zeitungen Chinas in den vergangenen Tagen ausführlich informiert. Per Internet sind stündlich aktualisierte Informationen abzurufen. Die mächtigsten Politiker Pekings haben dazu aufgerufen, der Rettung der Verunglückten Vorrang vor allem anderen zu geben. Um sicherzugehen, dass nichts schiefgeht, hat der Staatsrat ein Team an den Yangtse geschickt, das direkt nach Peking berichtet.
Alles in Ordnung? Ganz und gar nicht. Was auf den ersten Blick als neue Offenheit erscheint, ist vielmehr sorgsam austarierte Strategie. Kurz nach dem Unglück orderte Peking an, dass die Zeitungen und Rundfunksender an prominenter Stelle nur Xinhua-Informationen drucken und senden dürfen. Xinhua gehört zur Propagandaabteilung der Kommunistischen Partei. Sie veröffentlicht Berichte über Behördenversagen oder schlecht gewartete Schiffe nur, solange sie dafür von oben grünes Licht erhält. Im Internet wachen derweil Kontrolleure und Filter über Mails, Blogs und Chats. Wer per Handy „Gerüchte“ verbreitet, muss mit Strafe rechnen.
Die meisten Chinesen sollen sich auf diese Weise informiert fühlen. Die sich nicht zufriedengeben wollen, Angehörige oder Betroffene, sind dann eine kleine Minderheit, mit der man leichter fertigwerden kann.
Das Gefährliche daran: So ein effektives autoritäres System wünschen sich viele auch anderswo.
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