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Archiv-Artikel

JÖRN KABISCH ANGEZAPFT Dunkles Bier mit blonder Seele

Heutzutage gilt das Geschmacksvorurteil: Je dunkler, desto süßer und klebriger muss Bier ausfallen. Das liegt vor allem daran, wie stark Pils und andere helle Sorten den Geschmack geprägt haben.

Das war nicht immer so. Noch vor 150 Jahren waren blonde Biere Exoten. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckte man das Verfahren, die Gerste bei hoher Hitze schnell und quasi farbneutral zu mälzen. Über den Siegeszug der helleren Malze bei Brauern und Publikum aber ging einiges Wissen verloren, wie vielfältig dunkles Bier schmecken kann. Inzwischen engt die Farbvorliebe den Geschmack ein. Wer heute helles Bier trinkt, vergleicht es unwillkürlich mit Pils. So kommt es, dass ambitionierte Brauer inzwischen das so verbreitete Goldgelb vermeiden. Das öffnet die Geschmackssinne. Und macht den Weg frei, mit dem Vorurteil von süßem, dunklem Bier aufzuräumen.

Das ist auch erklärtes Ziel von René Krischer, der seit 1999 in Bagband bei Aurich braut und sich inzwischen einen mehrfach mit Medaillen ausgezeichneten Ruf weit über Ostfriesland hinaus erarbeitet hat. Sein Landbier ist von dunklem, leicht rötlichem Kupfer. Der dichte Schaum sitzt cremig im Glas, so wie man es vom Stout kennt. Da könnte Bumms dahinter sein. Doch der erste Schluck verwundert. In diesem Bier steckt eine sehr blonde und friesisch-herbe Seele. Die leichten Röstaromen und das Malzschokoladige, die schon den Geruch bestimmt haben, sitzen in einem extrem schlanken Körper mit angenehmer Kohlensäure, die das Bier äußerst frisch erscheinen lässt. Im Abgang kommen die leichte Säure der untergärigen Hefe und das Hopfenbittere deutlicher hervor – und verstärken so die Ausgewogenheit.

Landbier dunkel, Ostfriesen Bräu, Alkohol 4,8 % Vol.