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Archiv-Artikel

JOSEF WINKLER über ZEITSCHLEIFE Schlimm für viele Menschen

Wegen des Papstbesuches muss die Zeitschleife-Kolumne heute leider entfallen

Servus, liebe Redaktion.

Ich weiß, das ist jetzt blöd für dich, aber heute schaut’s schlecht aus mit der Kolumne. Da war so viel los am Wochenende – unter anderem schon wieder eine Hochzeit; ich weiß nicht, die mögen gar nicht mehr aufhören mit dieser pausenlosen Heiraterei. Und das schlaucht und jetzt ist noch dazu das Wetter wieder so schön und du weißt ja, wie mir das zuwider ist: arbeiten, wenn das Wetter so schön ist. Jedenfalls bin ich zu nichts gekommen und es tut mir auch leid.

Aber vielleicht kannst du hinschreiben, dass die Kolumne wegen dem Besuch vom Papst ausfällt. Ich glaub nämlich, die Leute – gut, bei den taz-Lesern weiß man’s nicht so … aber viele Leute haben gerade eine Bereitschaft, das als Ausrede zu akzeptieren. Das hab ich in der S-Bahn gemerkt. Ich bin nämlich extra noch in die Innenstadt hineingefahren, weil ich mir gedacht hab, vielleicht gibt der Papst eine Kolumne her. Jedenfalls stand da auf den Anzeigetafeln, dass die S7 Richtung Wolfratshausen momentan „wegen des Papstbesuches“ erst an der Donnersbergerbrücke beginnt. Gut, dass sie das dazugeschrieben haben, weil sonst die Bevölkerung möglicherweise das Verständnis nicht aufgebracht hätte; du weißt ja, wie sie sind, die Münchner; nicht, dass am Schluss alles zusammengehaut wird. Aber dass die Bahn neuerdings gar so genau informiert … ich glaub, die wollten halt auch nur ein Stückerl vom Papst und ein bissl wichtig tun.

In der Innenstadt, ich sag’s dir: ein Zugang wie bei der WM, nur mit gelbweißen Fähnchen und halt weniger Sauferei. Und im Kaufhaus Oberpollinger Am Dom haben sie ein Papstschaufenster mit Tassen und Kissen und eine „Benedikt XVI. Sonderfläche im Erdgeschoss“. Herrschaftszeiten.

Wo doch der Papst das gar nicht mag, das Getue. Im Radio haben sie gesagt, dass das sauteuer kommt, dass der Benedikt gar so bescheiden ist. Sie wollten nämlich den Sonntagsgottesdienst mit weißen Messgewändern machen, was die Festtagsfarbe ist, und von denen hätten sie genug da gehabt. Aber der Ratzinger Benedikt hat gesagt, naa, bittschön, ich bin doch nur der Winzer im Weinberg oder so was wird er gesagt haben, jedenfalls: die liturgische Farbe ist momentan Grün und dann ziehen wir auch Grün an. Und jetzt haben sie für die ganzen Zusatzpfarrer, die mit dem Papst mitzelebrieren, extra grüne Gewänder machen müssen. Und das Geld wenn ich hätt, was das gekostet hat, dann hätt ich von einem 1a Auftragsschreiber eine schöne Kolumne machen lassen und wir hätten jetzt das Gschiss nicht.

Vor der Frauenkirche heraußen ist es auch ganz grün aufgegangen, aber nicht wegen der Liturgie, sondern wegen der Polizei. Furchtbar viele riesige Polizisten, und der eine, das hab ich genau gesehen, hat den hübschen Mädeln nachgeschaut. Ich weiß wirklich nicht, ob der das gedurft hätte, gerade beim Papstbesuch, aber vielleicht hat er ja ausschließen müssen, dass das Attentäterinnen sind, und hat deswegen so genau geschaut.

Bedenklicher als die Mädchen hab ich die Typen gefunden, die vor dem Beate-Uhse-Shop auf einem Blumentrog gestanden sind, mit der Bibel in der Hand und gepredigt haben, richtig mit Gefuchtel und rotem Kopf, wie so Amis im Fernsehen, aber die haben einen schweizerischen Akzent gehabt. „Die Gerichte stehen vor der Tür, das kann ich Ihnen sagen“, hat der eine gesagt; er hat aber nicht Essen auf Rädern gemeint, sondern das Ende der Welt, fürcht ich. Es kommt der Tag, hat er gesagt, wo es dann keine Möglichkeit mehr gibt zur Umkehr, und wer bis dahin nicht umgekehrt ist, für den wird es „schlimm“. Er hat gesagt, es wird „schlimm werden für viele Menschen“. Ich weiß, das ist dir momentan wahrscheinlich wurscht, weil du es schlimm genug findest, dass ich dich mit der Kolumne so hängen lasse. Aber es hilft jetzt halt nichts.

Grad war ich beim Radlreparateur und der hat gesagt, dass er am Donnerstag blau macht, weil da der Papst in Freising ist und er wohnt in Freising und da kommt er wahrscheinlich gar nicht aus seiner Ausfahrt heraus, drum macht er gleich blau. Schau.

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