JANUAR: DER EURO KOMMT – SCHON WIEDER EINE NEUE WÄHRUNG : Der Globo wird leider ein Traum bleiben
Die Euroeinführung habe ich mit großer Gelassenheit hingenommen. Als Ostler bin ich es inzwischen gewöhnt, dass mir alle zehn bis elf Jahre eine neue Währung zum Kurs von etwa 1:2 übergeholfen wird. 2013 ist es dann vielleicht der Globo, und in 22 Jahren wären die 1.000 Mark Ost, die ich zur Jugendweihe bekommen habe, nur noch lumpige 62 Galakto fuffzich wert. Sei es drum, ich habe das Jugendweihegeld sowieso innerhalb weniger Wochen in Pubertierendenbedarf umgesetzt.
Die Währungsumstellungen werden ja auch immer bequemer. Ging im Juli 1990 nichts ohne stundenlanges Schlangestehen vor der Sparkasse, so war diesmal selber schuld, wer sich nach den Starterkits die Beine in den Bauch stand.
Pünktlich zum Jahrestag der Ausgabe ebenjener Starterkits wurde nun der „Teuro“ zum Wort des Jahres gewählt. Wenn es nach mir ginge, lautete das Unwort des Jahres „gefühlte Inflation“. Solchen Murks können sich nur Statistiker ausdenken, die den ganzen Tag zwischen Ficus Benjamini und traurig röchelnden Kaffeemaschinen in grauen, neonbeleuchteten Büros hocken. Ich dagegen kann nur in Kneipen und Cafés vernünftig arbeiten, und seit dem Teuro kostet mich jede geschriebene Seite 1 Mark mehr als früher.
Trotzdem: Ich mag den Euro. Irgendwie gefällt es mir, dass gerade jetzt so viele Menschen ein kleines und ziemlich sinnloses Stück nationaler Identität aufgegeben haben, auch wenn dies eher eine Entscheidung von oben als von Herzen war. Schade, dass der Globo wohl ein Traum bleiben wird.
Bei der ganzen Euro-Teuro-Diskussion wurden übrigens zwei Dinge übersehen, die eigentlich auch die hartnäckigsten Kritiker umstimmen müssten: Erstens hat sich die Gewinnsumme bei „Wer wird Millionär?“ verdoppelt, und zweitens prangt hinter dem Minus auf meinen Kontoauszügen endlich wieder eine herzschonende dreistellige Zahl. Die Schulden sind dadurch nicht weniger geworden, aber Hauptsache, die „gefühlte Schuldenlast“ hat sich halbiert.
VOLKER STRÜBING