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Ist der grüne Motor abgesoffen? –betr.: „Irak bombardiert, die UNO getroffen“ u.a., taz vom 18.12.98

[...] Ich versuche Kommentare zu finden, von den Politikern in unserem Lande, das sind die Herren, die das Ruder in der Hand haben, so sollte man meinen.

Was ich finde, ist arg befremdlich, kurz, man könnte den Eindruck gewinnen, die bekämen alle einen Dachschaden ob des heftigen Kopfnickens dieser Tage. Da wird Treue und Verständnis geheuchelt, was das Zeug hält. Bomben werden über Menschen abgeworfen. Hierzulande reicht man sich die Hand. Wo sind denn die grünen Protestler, frage ich mich, ach ja, die hängen ja nun am Schopfe des roten Rosses. Verkommt da unser grüner Außenminister vielleicht zu einer globalisierten Marionette? Ich lese zwar, „er bedaure, daß es zu einem Militäreinsatz gekommen sei“, doch man traut sich nicht, aus dem Schatten des großen Koalitionspartners zu springen, grüne Ideologie, verpufft, einer Fehlzündung gleich. Aber: Wenn der Motor einmal abgesoffen ist, kriegt man ihn so schnell nicht mehr ans Laufen.

Eine Partei verschleißt sich gar selbst, keine kühnen Zwischenrufer mehr, kein lakonisches Lamento, die Grünen, ein Klub der neuen Nihilisten? Wird da aus der Regierungsübernahme nicht leicht ein politischer Suizid?

Mann/Frau fordert letztlich den Sturz des Diktators, koste es, was es wolle (s.a. Thomas Dreger: „Das Ziel heißt: Stürzt Saddam!“). [...] Von einem Kampfeinsatz ist meist die Rede, wohlgemerkt, nicht von einem Krieg, ganz so, als ginge man auf einen Wochenendausflug.

Was uns wieder einmal übrigbleibt, ist der multimediale Konsum des Zinnobers. Gut gegen Böse, stets klar definiert, das verkauft sich gut. Sind da politische Nörgeleien vielleicht überflüssig? Brauchen wir überhaupt noch jemand, der sich brüskiert, jemand, der die medialen Spielregeln hinterfragt, jemand, der über seinen eigenen Schatten springt? [...] Daniel Schöning, Bonn

betr.: „Das Ziel heißt: Stürzt Saddam!“, taz vom 18.12.98

Man hat sich in den letzten Jahren ja an einiges an Geistesverwirrung in der grün-alternativen Szene gewöhnen müssen, aber der Kommentar von Thomas Dreger liegt jenseits dessen, was noch tolerabel ist.

Einen kraß völkerrechtswidrigen, militaristischen Alleingang der USA und Großbritannien zu befürworten, ohne ein einziges Wort über die Mißachtung der UNO zu verlieren, deren Resolutionen angeblich durchgesetzt werden sollen, ist ein Rückfall in die außenpolitischen Kategorien der 30er Jahre. Daß sich zwei Atommächte über das Gewaltverbot der UNO-Satzung hinwegsetzen und damit selbstherrlich als Richter und Polizist auftreten, würde in allen anderen Situationen auch die taz als unerträglich geißeln. Keine Erwähnung finden natürlich auch die zivilen Opfer, früher sagte man dazu „Wo gehobelt wird, fallen auch Späne“. Pfui Teufel! Thomas Groß, Heidelberg

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