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Israels Premier bei BundeskanzlerinKanzlerin versteht Vorgehen in Gaza

Zwischen Merkel und Ehud Olmert herrscht keine Einigung über das Vorgehen gegen den Iran. Die Kanzlerin äußert aber Verständnis für Israels Anti-Hamas-Politik.

Ehud Olmert bei der Kanzlerin in ihrem Amt. Bild: dpa

BERLIN/JERUSALEM rtr/dpa Am Dienstag trifft Israels Premierminister Ehud Olmert zu offiziellen Gesprächen mit Bundeskanzlerin Merkel zusammen. Sie wollen den Friedensprozess in Nahost erörtern und die ersten deutsch-israelischen Konsultationen vorbereiten, die Mitte März anlässlich des 60. Gründungsjahrestags in Israel stattfinden sollen. Olmert will überdies für verschärfte Sanktionen gegen den Iran werben.

Nach der einstündigen Unterredung im Kanzleramt ist eine gemeinsame Pressekonferenz vorgesehen. Anschließend trifft Olmert in Schloss Bellevue mit Bundespräsident Köhler zusammen. Zum Auftakt seines dreitägigen Besuchs, für den schärfste Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, hatte der israelische Regierungschef am Montag das Jüdische Museum in Berlin besucht und wurde von Merkel zu einem Abendessen erwartet.

Während seines Rundgangs durch das Jüdische Museum erklärte Elmert, dass Israel sein militärisches Vorgehen gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen verschärfen will. Die Regierung habe der Armee freie Hand gegeben, so der Premier. "Unsere Sicherheitskräfte haben die Erlaubnis, alles Nötige zu unternehmen, um die Lage zu ändern."

Er spüre die Ängste und Schmerzen der Menschen in Sderot, Kirjat Schmoneh und in Jerusalem, die unter den Hamas-Angriffen zu leiden hätten, fügte Olmert hinzu. Die Menschen bräuchten Sicherheit und dafür werde Israel kämpfen.

Eine Eskalation der Gewalt im Nahen Osten kann nach Ansicht des früheren israelischen Botschafters in Deutschland, Avi Primor, nur durch ein internationales Vorgehen verhindert werden. Wenn die internationale Gemeinschaft die Sicherheitsprobleme in den palästinensischen Gebieten schultere, könne dies Israel ermöglichen, das Westjordanland zu räumen, sagte Primor am Dienstag im Bayerischen Rundfunk.

Dies werde ein wichtiges Thema der Gespräche von Olmert mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag in Berlin sein, betonte Primor. Er begründete dies damit, dass "Deutschland eine Hauptrolle in der Europäischen Union hat und die Europäische Union die einzige Macht in der Welt ist, die so etwas übernehmen kann". Es müsse nicht unbedingt eine europäische Truppe sein, "aber eine europäische Federführung muss es sein".

Man dürfe aber nicht erwarten, dass sich Olmert öffentlich eine internationale Truppe in den palästinensischen Gebieten wünsche, sagte Primor. "Das kann er offen und offiziell nicht sagen, aber hinter den Kulissen wird er das schon sagen".

Nachdem auch Israels Vize-Regierungschef Chaim Ramon mit der gewaltsamen Entmachtung der Hamas gedroht hatte, ist Hamas-Chef Ismail Hanijeh untergetaucht. Eine Mitarbeiterin des Ex-Ministerpräsidenten teilte gestern mit, man habe Anweisungen erhalten, das Bürogebäude in Gaza zu räumen. Anrufe wurden nicht mehr beantwortet.

Unterdessen ist offiziell bestätigt worden, dass Israel bis zu 1.100 neue Wohnungen im arabischen Ostteil Jerusalems und dessen Umgebung bauen will. Die Stadtverwaltung bereite derzeit Ausschreibungen für 750 Wohnungen in Pisgat Seew im Norden Jerusalems und möglicherweise 370 weitere Wohneinheiten in Har Homa im Süden der Stadt vor, sagte Bauminister Seew Boim dem israelischen Rundfunk am Dienstag. "Wir bauen in Jerusalem überall innerhalb der Stadtgrenzen", fügte Boim hinzu. Einem Ministeriumsvertreter zufolge hängt die Ausschreibung für Har Homa allerdings noch vom Ausgang einer früheren Bieterrunde für den Bau von 307 Häusern in der umstrittenen Siedlung ab.

Ende 2007 hatten israelische Pläne für Hunderte neue Häuser in Har Homa, das von den Palästinensern Dschabal Abu Ghneim genannt wird, die Nahost-Friedensgespräche wochenlang ins Stocken gebracht. Israels Ministerpräsident Ehud Olmert verhängte danach auf Druck der USA einen faktischen Stopp für den Bau jüdischer Siedlungen im Westjordanland. Bauvorhaben innerhalb der Grenzen Jerusalems, die nach israelischer Auffassung auch den annektierten arabischen Ostteil umfassen, hat er jedoch nicht rückgängig gemacht.

Die Palästinenser betrachten Har Homa als letzten Teil eines Siedlungsrings, mit dem Israel Ostjerusalem vom Westjordanland abschneiden wolle. Dieser Interpretation zufolge zielen entsprechende Vorhaben darauf, bei der künftigen Gründung eines Palästinenserstaats eine Hauptstadt Ostjerusalem zu verhindern.

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