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InterviewIn Bremen gibt's vor allem Spätentwickler, nur wenige Musterschüler

■ Außer bei der DST und bei Lürssen läuft die Konversion erst langsam an/ Ein Gespräch mit dem Konversionsbeauftragten

Interview In Bremen gibt's vor allem Spätentwickler, nur wenige Musterschüler

Außer bei der DST und bei Lürssen läuft die Konversion erst langsam an/ Ein Gespräch mit dem Konversionsbeauftragten

Wer sind die Musterschüler, wer die Sorgenkinder unter den rund 12 Bremer Wehrtechnik-Firmen? Die taz fragte den Konversionsbeauftragten Wolfram Elsner. Der allerdings hätte am liebsten gar nichts gesagt, sieht er sich doch „im Spannungsfeld“ zwischen Unternehmen, Gewerkschaften und Politik stehen. Am liebsten würde er nur über Gelungenes berichten und nicht über all die mißlungenen Anläufe. Also das Gelungene: Seit 1992 hat Elsner 18 Konversionsprojekte gefördert mit EU- und Landesgeldern. Im Vergleich zu anderen Bundesländern und auch innerhalb Europas gilt das als viel. Aber im Verhältnis zur Größe der Rüstungsunternehmen ist das ein Miniprogramm, das nur Impulse setzt.

Kiel hat ein ganz anderes Konzept als Bremen: Die fördern nicht zivile Produkte, sondern die Zivilisierung der Betriebsstruktur.

Ja, aber ich war sehr überrascht bei der Tagung, daß Schleswig-Holstein letztlich nur zwei betriebliche Projekte gefördert hat. Andererseits hat mir gefallen, wie unkonventionell und gar nicht bierernst dieser Arbeitskreis „Denkfabrik“ und damit auch die Geschäftsführer und die Technologiestiftung an Konversion rangehen. Ich hab' mich spontan entschlossen, mich auch in Bremen für die Förderung des Arbeitskreises „Neue Produkte“ stark zu machen – die DST in Bremen hat nämlich einen entsprechenden Antrag gestellt. Die würden dann Geld für Workshops kriegen und dafür eine Studie vorlegen müssen, wo im Unternehmen sie Qualifizierungsbedarf sehen, wie man die Mitarbeiter besser beteiligt ...

Es gibt nun schon seit bald 15 Jahren in den verschiedensten Metall- und Elektrobetrieben gewerkschaftliche Arbeitskreise „Alternative Produkte“ – aber ernstgenommen wurden sie außer bei DST noch nie von ihren Geschäftsführern...

Das muß man differenziert sehen. Seit 1990 leben wir schlicht und einfach in einer anderen Welt. Was die fünfzehn Jahre lang gemacht haben, war klug und sicherlich weitsichtig, aber eben doch Trockenschwimmen. Die Geschäftsleitungen und die Gewerkschaftsleute sind einfach nicht zusammengekommen. Heute haben wir in Bremen eine andere Situation ...

... es gibt noch weniger Rüstungsaufträge, die Geschäftsleitungen kommen endlich richtig unter Druck...

Ja, die Firmen sehen, daß die Märkte jetzt wirklich wegbrechen – jedensfalls bei den Panzertechnologien. Die Wehrtechnik-Aufträge sind ja seit '90 um ein Drittel zurückgegangen. Heute redet man ganz selbstverständlich miteinander. Bei Atlas Elektronik und STN soll jetzt ganz offiziell ein Arbeitskreis für zivile Produkte gegründet werden, also auch von der Geschäftsführung aus.

Mit der Idee kommt die Geschäftsführung jetzt erst an? Die öffentliche Diskussion läuft doch intensiv seit 1990...

Aber erst im September '92 haben wir die ersten Beschlüsse gemacht über konkrete Förderungen. Bei DST haben wir dann zum Beispiel die Papiersortierungsanlage gefördert, bei STN das Autowertstoffrecycling ...

Aber neben DST ist STN doch ein richtiges Problemkind geblieben: Die hatten 1989 einen Rüstungsanteil von 70 Prozent, und der soll sogar noch gestiegen sein, wie eine Studie der Arbeiterkammer sagt...

Ich habe zwar gerade eine aktuelle Erhebung bei den Bremer Unternehmen gemacht, Zahlen von Einzelnen kann ich Ihnen aber nicht sagen. Nur soviel: Bei Atlas Elektronik und auch bei STN ist die Rüstungsabhängigkeit inzwischen leicht gesunken.

Leicht gesunken ...Das sieht doch alles recht trüb aus: Eigentlich haben nur DST und Lürssen von alleine abgerüstet. Lürssen zum Beispiel hat seinen Militäranteil innerhalb von drei Jahren von 80 auf 50 Prozent reduziert.

Lürssen ist ein Sonderfall, die haben sich ohne jegliche Hilfe neue Marktsegmente gesucht und sind dort enorm eingeschlagen mit ihren High-Tech-Yachten. DST hat zwar auch das meiste selbst gemacht, aber wir haben da an strategischen Punkten nachgeholfen mit Projektförderung, zum Beispiel bei der schnellen Telekommunikation, mit der die DST jetzt ihre Verkehrsleittechnik anbietet.

DST war also wenigstens aufgeschlossen...

Genau, da kombinierte sich eine Vorwärtsstrategie der Firma selbst mit unserer Hilfe, das ergab eine Zündung nach vorne.

Andersrum gesagt: Bei STN und Atlas Elektronik reden Sie sich den Mund fusslig.

Das kann man nicht sagen. Wir haben bei Atlas und bei STN auch Vorzeigeprojekt, zum Beispiel das Sat-Phone, das tragbare Satellitenkommunikationsgerät, das ist ein absoluter Renner.

Aber was die Umstellung der ganzen Betriebsstruktur zum zivilen Unternehmen betrifft, da hat sich Atlas nicht um Förderung bei Ihnen bemüht?

Nein, aber da waren Atlas und STN auch in einer Sondersituation: Es ist zwar seit längerem bekannt, daß es eine Fusion geben wird, aber die Beschlüsse für die neue Firmenform sind erst jetzt gefallen – erst auf dieser organisatorischen Basis ist meines Erachtens eine offensive Konversionsplanung möglich.

Auf der Rangliste der rüstungsabhängigen Regionen stand Bremen 1989 noch an dritter Stelle europaweit, gleich hinter Cumbria in England und Essex. Hat sich das geändert?

Ich weiß nicht genau, wie sich die anderen Regionen entwickelt haben. Ich könnte mir aber vorstellen, daß einige französische oder auch britische Unternehmen sagen, wir machen eine offensive Restmarkt-Strategie: Wenn wir drinbleiben und die anderen ausscheiden, dann haben wir gute Chancen auf den Wehrtechnikmärkten.

Vor vier Jahren hieß es auch, daß im Land Bremen etwa 5.800 Arbeitsplätze bei den großen Industrieunternehmen direkt von Rüstung abhängig sind...

Da liegen wir heute um weit mehr als 1.000 Beschäftigte drunter.

Weil Arbeitsplätze in der Rüstung gestrichen wurden oder weil man Ziviles produziert?

Nach unseren Erkenntnissen sind mehr Mitarbeiter innerbetrieblich in zivile Produktion umgesetzt als entlassen worden, deutlich mehr als fifty-fifty.

Fragen: Christine Holch

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