Interview über investigativen Journalismus: "Es gibt immer eine Exfrau"
Was braucht es, um einen Skandal wie Abu Ghraib oder das My Lai-Massaker aufzudecken? Es ist ein Handel mit Informationen, sagt der Meister des investigativen Journalismus, Seymour Hersh.
taz: Herr Hersh, dürfen Journalisten alles, was sie wissen, auch veröffentlichen?
Seymour Hersh: Es ist ja nicht so, dass sie permanent versuchen würden, etwas Geheimes zu erfahren, das sie drucken können. Es ist vielmehr so, dass sie nach etwas Geheimem und zugleich Schlechtem suchen. Andererseits: Ich bin Amerikaner, und wenn meine Regierung etwas Kluges macht - etwa herausfinden, was al-Qaida tut -, werde ich nicht dazwischenfunken. Ich bin nicht prinzipiell gegen das Handeln der Regierung. Ich bin nur dagegen, dumme und kriminelle Dinge zu tun. Ich bin dagegen, Menschen in Gefängnisse wie Guantánamo zu stecken, weil Amerika immer als vernünftiges und ehrenwertes Land wahrgenommen wurde und wir unseren Ruf zerstört haben.
Es bringt Sie nicht in Loyalitätskonflikte, staatliche Geheimnisse zu veröffentlichen?
Es ist die Aufgabe der Regierung, das Geheime zu bewahren. Wenn ich ein großes Geheimnis erfahre, ist das nicht mein Problem, es ist ihr Problem. Dabei kann ich immer entscheiden, es zu veröffentlichen oder nicht.
Welche Fehler können Journalisten noch machen?
Zu viele Vermutungen anstellen. Sie glauben nicht, wie viele Vermutungen oder Unterstellungen einfach so übernommen werden. Es reicht nicht, kritisch und skeptisch zu sein. Sie können nämlich die Dinge infrage stellen und skeptisch sein und doch nur einer Vermutung folgen.
SEYMOUR HERSH, 73, ist der bekannteste investigative Journalist der USA, vielleicht sogar der Welt. Er wurde als Kind einer aus Litauen und Polen stammenden jüdischen Familie in Chicago geboren, studierte Geschichte und arbeitete ab den frühen Sechzigerjahren für verschiedene Nachrichtenagenturen. Dann arbeitete er freiberuflich, ehe er zur New York Times wechselte. Seit 1993 schreibt er für das Magazin New Yorker.
* * *
International bekannt wurde Hersh im Jahr 1969, als er ein Massaker von US-amerikanischen Soldaten in dem vietnamesischen Dorf My Lai aufdeckte. Die Veröffentlichung führte in der gesamten westlichen Welt und auch in den USA zu einer Wende in der öffentlichen Meinung zum Vietnamkrieg. Sein zweiter weltpolitisch bedeutender Scoop waren die Berichte über die Folterung irakischer Gefangener im US-Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad, die Hersh im Mai 2004 im New Yorker veröffentlichte. Weitere Enthüllungen drehten sich um die Rolle der CIA beim Militärputsch 1973 in Chile, die geheime Bombardierung Kambodschas im Zuge des Vietnamkriegs oder die Hintergründe des Libanonkriegs von 2006.
* * *
Für seine Arbeiten wurde Hersh vielfach im In- und Ausland ausgezeichnet. So erhielt er 1970 den Pulitzer-Preis und fünfmal, zuletzt 2004, den ebenfalls renommierten Journalistenpreis George Polk Award.
Was noch?
Wenn man eine gute Geschichte hat, muss man sie nicht noch zuspitzen; man muss die Dramatik oder die Sensation nicht extra hervorheben, wenn sie schon drinsteht. Man lässt die Geschichte sich selbst erzählen. Die größte Schwierigkeit bei einer komplizierten Geschichte besteht darin, sie einfach zu erzählen. Ich meine nicht simpel oder nur mit kurzen Sätzen, sondern eindeutig und sauber.
Klingt einfach.
Das kann aber sehr schwer sein. Manchmal versuchen Journalisten, eine harte Geschichte schön aufzuschreiben, mit einem schicken Einstieg etwa. Beim New Yorker, für den ich heute noch arbeite, gibt es immer Reibereien, weil sie keine direkten Geschichten mögen. Sie wollen, dass man mit einem historischen Ereignis beginnt. Also habe ich dort in meiner Zeit als festangestellter Mitarbeiter jede Geschichte mit dem Einmarsch in die Normandie angefangen. ich habe mir einen Scherz erlaubt. Aber in einem Punkt haben sie recht: Wenn Sie eine lange Geschichte schreiben, müssen Sie etwas finden, das den Charakter der Geschichte widerspiegelt.
Wie verbreitet ist unter amerikanischen Journalisten die Einsicht, dass es schwer ist, eindeutig und sauber zu arbeiten?
Das ist kaum zu verallgemeinern. Meine alte Zeitung, die New York Times, macht gute Arbeit. Und die Washington Post hat kürzlich eine lange Geschichte über der Zahl der Organisationen und Unternehmen veröffentlicht, die im Bereich der inneren Sicherheit und der Geheimdienste tätig sind. Die war sauber, gut und mit vielen Grafiken ausgestattet. Heute ist alles Multimedia, selbst die großen Storys werden mit dem Hinweis "Gehen Sie auf www.nytimes.com, dort Sie finden jedes Interview" versehen. Das hat einige Vorteile. Man kann die langen Interviews, die man geführt hat, online stellen. Mein Problem ist jedoch das hochwertige Schreiben. Davon gibt es nicht genug und nicht jeder kann es.
Manche sagen, der Onlinejournalismus werde überschätzt. Es gebe zu wenig eigenständig recherchierte Geschichten in den Onlinemedien.
Ich spreche seit 15 Jahren mit Kollegen darüber, investigativen Journalismus online zu betreiben. Investigative Journalisten brauchen manchmal zwei Monate für eine Recherche; sie fliegen um die Welt und investieren vielleicht 100.000 Dollar in eine Geschichte. Sie brauchen Geld. Und bis jetzt hat niemand herausgefunden, wie Onlinemedien investigative Recherchen finanzieren sollen. Das ist heute das große Problem des Onlinegeschäfts.
Wie könnte eine Lösung aussehen?
Das weiß ich nicht. Aber ich bin mir sicher, dass man dieses Finanzierungsproblem lösen wird.
Ohne das Wissen von Informanten gibt es keine Investigation, keine Recherche. Wie bringen Sie wichtige Informanten dazu, sich Ihnen zu öffnen?
Eine Möglichkeit ist, ihnen etwas Neues zu erzählen. Das hilft, wenn man anruft. Man muss dieses erste Stückchen Information haben, auch wenn dieses schwer zu bekommen ist. Wenn Sie etwas haben, das niemand weiß oder wissen sollte, kommen Sie ins Gespräch.
Was meinen Sie damit?
Ich habe gerade ein Buch eines ehemaligen Regierungsanwalts gelesen, in dem er erzählt, wie er reagierte, wenn ein Journalist mit einem sensiblen Thema zu ihm kam. Er schreibt: "Ich habe gelogen. Ich habe gesagt, ich weiß nicht, wovon Sie reden. Dann bin ich zu meinem Boss gegangen und habe ihm gesagt, der weiß was, pass auf ihn auf." Aber wenn man ein Körnchen Wahrheit findet, etwas Wichtiges, kann das wie ein Dosenöffner wirken. Ich sage meinen Gesprächspartnern oft: "Bevor wir reden, lassen Sie mich erzählen, was ich kürzlich gehört habe." Ich gebe ihnen etwas, das kann auch Klatsch sein, aber es unterscheidet mich von anderen.
Sie verlassen sich auf einen Austausch mit Informationen?
Na ja, eher auf einen Handel. Manche Kollegen sagen: Du erzählst nie einer Quelle etwas, das sie nicht unbedingt wissen muss. Ich sage: Du bekommst nichts, wenn du nicht auch etwas gibst. Du erzählst denen, was du machst und weißt. Aber heute ist das auch leicht für mich, weil ich mir in 35 Jahren viele Informanten aufgebaut habe. Wenn ich zu denen mit etwas Wichtigem komme und sie nicht darüber reden können, dann sagen sie das, bevor ich richtig loslege. Und manche sagen: "Du liegst nicht ganz richtig, an deiner Stelle würde ich mir mal diese Sache hier anschauen."
Woher kommen Ihre wichtigsten Informanten?
Die erste Reihe hilft oft nicht weiter. Dafür ist die dritte Reihe manchmal wichtig.
Warum?
Weil die Leute in der ersten Reihe die Dinge schönreden. Sie sind einzig daran interessiert, Ihnen eine Geschichte zu verkaufen, die Sie so erzählen sollen, wie sie es sich wünschen. In der zweiten oder dritten Reihe hingegen finden sich manchmal Menschen, die tatsächlich an der Wahrheit interessiert sind. Aber die Leute an der Spitze der Regierung, du meine Güte! Da wurde kürzlich ein Bericht veröffentlicht, dass die Obama-Regierung bei der Ölpest im Golf von Mexiko nicht gut reagiert, dass sie Informationen verdreht habe. Oh mein Gott, was waren sie aufgeregt, das alles zurückzuweisen. Natürlich sind sie aufgeregt. Regierungen sind so. Und Barack Obama mag ein anständiger Mann sein, ich halte ihn für ehrenhaft, aber auch er ist ein Politiker.
Und die zweite, dritte Reihe?
Es gibt immer einen General, der zwei Sterne hat und gerne drei oder vier hätte, aber er wird mit zwei Sternen pensioniert. Der ist gut. Geben Sie ihm nach seiner Pensionierung einen Monat Langeweile und sprechen Sie dann mit ihm. Er wird Informationen haben. In Konzernen gibt es immer jemanden, der einen wichtigen Job will und ihn an einen Konkurrenten verliert. Er wird Ihnen erzählen, warum der andere ein Ekel ist und den Job trotzdem bekommen hat. Das ist keine schöne Aufgabe, aber da ist immer einer, der gerade das Unternehmen verlassen hat oder gefeuert wurde. Und wenn Sie wirklich verzweifelt sind, gibt es immer eine Exfrau. Das mag ich zwar überhaupt nicht, aber ich kenne Kollegen, die so an Informationen gekommen sind.
Arbeiten Sie auch mit den Geheimdiensten? Sind sie manchmal nützlich?
Natürlich. Ich kontaktiere die Geheimdienste aber nicht offiziell, indem ich etwa eine Notiz an den Chef der CIA oder dessen Pressereferenten schreibe und um ein Briefing oder Treffen bitte. Das mache ich nicht mehr, weil ich es nicht nützlich finde.
Was machen Sie stattdessen?
Ich finde Leute, die genug wissen, und treffe sie informell. Sie finden Gesprächspartner, wenn Sie zu jemandem in der CIA gehen, der ein Experte, aber kein Faulpelz ist. Sie suchen einen ehrlichen und ehrbaren Analysten. Dann sagen Sie ihm offen: "Ich möchte wissen, wie der letzte Stand in einer Angelegenheit ist, aber kein Briefing besuchen, weil dort so viel verdreht wird."
Wie überprüfen Sie diese Informationen vom Geheimdienst?
Da muss man sich anstrengen, das ist fürchterlich. Einige mögen mich, weil sie wissen, ich habe viele Informanten. Nicht unendlich viele, aber mehr als die meisten. Und wenn ich jetzt eine Geschichte schreibe und genügend Informationen habe, ist der eine Informant nicht verdächtig, weil ich die Informationen von einem zweiten erhalten haben könnte, selbst wenn die Behörden das prüften.
Wie schützen Sie Ihre Informanten?
Wenn ich eine sensible Geschichte schreibe, wie über Nuklearwaffen in Pakistan und wie Amerika damit umgeht, macht das die Regierung verrückt. Also prüfen sie mögliche Informanten und finden heraus: Der hat es gewusst, aber er hat etwas anderes nicht gewusst, was der Hersh geschrieben hat. Also folgern sie, er kann nicht die Quelle sein. Wenn Sie aber drei oder vier verschiedene Informanten haben, die Ihnen ihre Geheimnisse verraten, und Sie alle diese Informationen im Text verwenden, ohne die Namen der Quellen zu nennen, verwirren Sie die Verfolger. Die können nicht herausfinden, wer es Ihnen letztlich gesteckt hat.
Danach wird gefahndet?
Ja. Sie suchen. So etwas ist nie öffentlich, aber den meisten Ärger hatte ich, als George W. Bush Präsident und Dick Cheney Vizepräsident war. Sie haben nachgeforscht, wer mit mir gesprochen hat, und sie haben bestimmte Leute bestraft. Dabei haben sie aber immer die falsche Person erwischt. Immer!
Wie beurteilen Sie die Qualität von anonymen Quellen?
Man ist darauf angewiesen. Aber beim New Yorker gibt man Unsummen - wirklich ungewöhnlich viel Geld - für Faktenchecker aus. Das sind 15 bis 20 Leute, die viel Geld kosten, aber das Magazin besser machen. Meinen anonymen Quellen habe ich über die Jahre erklärt, dass ich nichts verwenden kann, es sei denn, sie sprechen getrennt von mir noch einmal mit einem unserer Faktenchecker. Also organisiere ich den Anruf des Faktencheckers, welche Zeit, welche Nummer, manchmal nutzen wir eine öffentliche Telefonzelle, wenn die Sache sehr sensibel ist. Einige Leute sprechen nur zu Hause mit mir. In einigen Fällen fliegt ein Faktenchecker nach Washington. Ich bringe ihn zu den Leuten und gehe dann, sodass sie in Ruhe reden können.
Wie ist Ihr Verhältnis zu diesen Faktencheckern?
Sie können mächtig nerven, aber sie sind eine große Hilfe. Ich habe etwas Erstaunliches beobachtet: Jemand im Inneren der Dienste, ein Techniker, wird dem Faktenchecker mehr erklären als mir, weil er glaubt, ich würde etwas von der Materie verstehen, was ich aber nicht unbedingt tue. Ein Encrypter zum Beispiel erklärt dem Faktenchecker ausführlicher als mir, wie das Codiersystem funktioniert. Die Faktenchecker sind gut, sie machen sich Notizen. Ich nehme oft Details von ihnen und nutze sie für die Story.
Was ist das wichtigste Erfolgskriterium für einen guten, investigativen Journalisten? Die Intensität der Recherche?
Sie müssen dranbleiben, den letzten Anruf machen, immer dranbleiben. Das ist schwer. Manchmal fühle ich mich wie ein Fundraiser oder ein Geldeintreiber für eine gemeinnützige Organisation.
Sind Fundraiser mit Journalisten vergleichbar?
Die Leute sind immer schnell dabei zu sagen: Mit Ihnen spreche ich nicht. Ich glaube nicht daran, Leute bei sich zu Hause aufzusuchen und an ihre Türen zu klopfen. Einige Kollegen sagen, sie machen das, aber ich finde das anstößig. Anders ist es in folgendem Fall: Ich habe kürzlich an einem Sonnabend jemanden "drinnen" angerufen. Er sagte: "Komm vorbei." Ich antwortete: "In einer Stunde bin ich da." Meine Frau war etwas sauer, aber es war ein wichtiger Typ und er war einverstanden, mich zu treffen. Und solche Leute mögen es, wenn man sagt: "Ich bin gleich da." Sie sehen, man arbeitet hart.
Quellen, Material, Dokumente - was braucht man zusätzlich noch für eine erstklassige Geschichte? Welche Bedeutung haben Fantasie und Kombinationsfähigkeit?
Manchmal haben Sie vier oder fünf Fakten und schreiben eine Story. Und plötzlich verstehen Sie etwas. Aber das passiert nicht oft, dass man das Puzzle Stück für Stück zusammensetzt und dann völlig überraschenderweise feststellt: Oh mein Gott, jetzt verstehe ich die Hintergründe!
Was sollten junge Journalistinnen und Journalisten lernen, die investigativ arbeiten wollen?
Sie sollten wissen, dass Sie am Anfang beginnen müssen, und nicht gleich als investigativer Journalist starten. Sie müssen lernen zu schreiben, vorsichtig und gründlich zu sein. Wenn Sie Talent haben, wird Ihnen bald dieser schöne Moment begegnen, eine Geschichte zusammenzusetzen, die kein anderer kennt. Das ist das Wichtige: Etwas zusammenzusetzen, das niemand anderes kennt. So finden Sie zu Spaß und Ruhm. Aber Sie müssen klein anfangen, Porträts von Leuten und Features schreiben, die klassische Zeitungsarbeit machen und dabei lernen, Ihre Talente einzusetzen. Seien Sie akkurat, dann werden Sie sehen: Manche Kollegen verbringen ihr ganzes Leben als Stenografen oder Sekretäre. Sie hören den Präsidenten, schreiben auf, was er sagt, und sind glücklich damit. Andere sagen, ich will mehr. Ich glaube, die klugen Journalisten wollen mehr als nur Statements aufschreiben.
Sind die PR-Spezialisten stärker und professioneller als Journalisten?
Ja, manchmal sind sie viel besser, weil viele gute Journalisten in der Wirtschaftskrise das gemacht haben, was sie vorher nie gedacht hätten. Sie haben einen dieser gut bezahlten Jobs angenommen. Es gibt diese Gefahr. Es ist mittlerweile eine Kunst geworden, Nachrichten zu verdrehen und zu verpacken. Das ist erschreckend.
Wie sollten die Medien darauf reagieren?
Das große Problem ist, dass Zeitungen und Fernsehen denselben Fehler machen: Sie schreiben Leute hoch, die sie kontrollieren sollten. In Amerika könnten wir 70 Prozent der Redakteure feuern, in Deutschland ist es wahrscheinlich besser. Die Leute, denen die Druckmaschinen gehören, befördern nicht die Leute, die sie befördern sollten.
Sondern?
Oft gibt es in den oberen Etagen nette Mitarbeiter, aber das sind nicht die richtigen. Sie sind nicht aggressiv. Mir ist es oft passiert, dass Kollegen nach einer Weile müde von mir wurden, weil ich oft negativ bin und die dunkle Seite suche, weil ich immer gesagt habe: Dies ist nicht gut und das hier auch nicht. Nur sehr selten findet man einen starken investigativen Mann, der Chefredakteur oder leitender Redakteur wird. Die London Times hatte einmal eine Abteilung, "The Inside Team", das ist 20 bis 30 Jahre her. Ende der Sechzigerjahre hatten sie dieses spezielle Team aufgestellt. Sechs Reporter haben ausschließlich investigativ gearbeitet. Sie schrieben gute Texte zum Beispiel über den Vietnamkrieg, hatten einen fantastischen leitenden Redakteur. Aber heute will niemand mehr so viel Einfluss und Macht aus der Hand geben.
Was ist die politische Essenz Ihres journalistischen Lebens?
Vertraue niemals den Leuten im öffentlichen Leben, das ist nicht unser Job. Wir sind keine Cheerleader für unsere Regierungen. Nach dem 11. September waren Reporter in den USA zu sehr mit Applaudieren beschäftigt, anstatt skeptisch gegenüber George W. Bush und seinen Behauptungen zu Bomben im Irak zu sein. "Amerika zuerst", hieß es bei ihnen, wir wollen Rache - da haben wir unsere Seele verloren.
Was treibt Sie an, mit 73 Jahren noch immer investigativen Journalismus zu betreiben?
Ich mag Geschichten. Ich hasse Lügen und ich liebe Geschichten. Ich liebe es, Geschichte zu erzählen, die noch keiner kennt.
Übersetzung: Lars-Marten Nagel
Der Interviewer, THOMAS LEIF, 51, ist Politikwissenschaftler, arbeitet als Chefreporter des SWR-Fernsehens und ist Vorsitzender von netzwerk recherche, dem deutschen Verband investigativ arbeitender Journalisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Jaywalking in New York nun legal
Grün heißt gehen, rot auch
Orbán und Schröder in Wien
Gäste zum Gruseln
Steinmeiers Griechenland-Reise
Deutscher Starrsinn
Prognose zu KI und Stromverbrauch
Der Energiefresser
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los