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Internetcafes in SyrienGeheimdienst liest mit

Jeder Besucher eines Internetcafés in Syrien muss seinen Ausweis vorlegen und sich registrieren lassen. Und manchmal schaut der Geheimdienst persönlich vorbei.

Anonym ist hier keiner: Internetcafé in Damaskus. Bild: ap

Zwischen einfachen Restaurants und Kopierläden im Universitätsviertel von Damaskus liegt das Internetcafé Fast Net, ein kleiner Raum mit 18 Computern, an denen vor allem Studierende sitzen. Die meisten von ihnen haben zu Hause einen analogen Internetzugang und kommen wegen der schnellen ADSL-Verbindung ins Fast Net. Sie recherchieren, laden Daten herunter oder telefonieren über das Internet mit Freunden im Ausland. Doch zunächst müssen sie ihre Ausweise vorlegen, erklärt Tariq, der junge Mann an der Kasse. Er notiert Namen und Ausweisnummern der Kunden und nennt das achselzuckend "reine Routine". Für die Daten interessiert sich der syrische Geheimdienst, der laut Tariq "ab und zu" vorbeikommt. Dann berichtet der 30-Jährige auch von seinen übrigen Beobachtungen, denn bei manchen "verdächtigen Kunden" schaue er schon mal, was die so treiben. Auf welche Internetseiten sie gehen und ob sie über Politik lesen. Dabei wirkt Tariq nicht übereifrig, sondern gelassen. Er hält eine Kontrolle des Internets für unmöglich und macht nur, was der Gesetzgeber von ihm verlangt.

Natürlich lasse sich das Internet nicht hundertprozentig überwachen, sagt Mazen Darwich. Er leitet das Zentrum für Medien und Meinungsfreiheit in Damaskus, das wie viele syrische Nichtregierungsorganisationen ohne offizielle Genehmigung arbeitet. Laut Darwich verfolgt die Regierung ein subtileres Ziel: die persönliche Verunsicherung der Kunden. "Wenn ich eine gesperrte Internetseite öffnen will, aber im Vorfeld meine Daten registriert werden, dann habe ich Angst und lasse es lieber bleiben", sagt der Medienexperte.

Vor dem gleichen Hintergrund betrachtet Darwich die mehrjährigen Haftstrafen für fünf Internetaktivisten. Zuletzt verurteilte das Oberste Strafgericht in Damaskus Anfang April den 61-jährigen Habib Saleh zu drei Jahren Gefängnis. Die Anschuldigungen seien stets die gleichen, betont Darwich, "Verbreitung falscher Informationen, Schüren konfessioneller Konflikte, Schwächung nationaler Gefühle". Das Regime habe an den fünf Aktivisten ein Exempel statuiert, damit syrische Blogger und Onlinejournalisten eine Art Selbstzensur entwickelten.

Bahia Mardini bemüht sich, diese "schlimmste Form der Zensur" nicht aufkommen zu lassen. Die 39-Jährige schreibt für die in London produzierte Internetseite Elaph, die in Syrien gesperrt ist. Bis heute hat sie keinen syrischen Presseausweis, wie viele ihrer Kollegen muss sie regelmäßig beim Geheimdienst erscheinen. Bei ihrer letzten Vorladung ging es um eine Nachricht über die Kurden, erinnert sich Mardini. "Sie sagten mir, diese Nachricht hättest du nicht veröffentlichen sollen. Ich antwortete, sie sei aber von drei Quellen bestätigt", so die Korrespondentin. Dann habe sie ihren Kaffee getrunken und sei gegangen.

Die Einmischung der Sicherheitsdienste in die Arbeit syrischer Onlinejournalisten geht indes noch weiter, sagt Mazen Darwich. "Befreundete Herausgeber erzählen mir, dass Geheimdienstler manchmal schon Minuten nach Erscheinen einer Nachricht anrufen und diese als ungenau oder sensibel kritisieren", berichtet Darwich. Der Geheimdienst sei Teil der Redaktion geworden. Dahinter stecke die Angst des Regimes vor dem wachsenden Einfluss des Internets, meint der 35-Jährige. Die Zahl der syrischen Internetnutzer sei in den vergangenen Jahren regelrecht explodiert, sagt Darwich, inzwischen gehe fast ein Fünftel der Syrer regelmäßig online. Der Präsident selbst fördert diese Entwicklung, Baschar al-Assad hat das Internet nach seinem Amtsantritt 2000 für die breite Bevölkerung zugänglich gemacht. Seine Regierung propagiert ein modernes und offenes Syrien, aber bitte ohne kritische Töne zur innenpolitischen Lage. In seinem neuesten Bericht vom Mai 2009 zählt das Zentrum für Medien und Meinungsfreiheit mehr als 230 gesperrte Internetseiten.

Korrespondentin Mardini sieht allerdings auch die Journalisten in der Verantwortung. "Viele Internetseiten arbeiten unseriös, sie schreiben voneinander ab, bedienen sich bei Agenturen und Zeitungen, und das wars", kritisiert Mardini. Dabei sei professioneller Journalismus in einem Land wie Syrien besonders wichtig, um das Vertrauen der Behörden in die Medien zu stärken, meint sie. "Wir haben immer geträumt, dass eine syrische Zeitung über die Prozesse im Staatssicherheitsgericht berichtet", sagt die Journalistin. Das sei früher undenkbar gewesen und heute Realität. Das bedeute, dass sich etwas verändert, so Mardini.

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11 Kommentare

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  • RH
    Reisender Horst

    Stimme den Vorrednern zu, Artikel ist schlecht recheriert! Ob die Autorin wirklich mal in Syrien im Internetcafe war? Ich bezweifel das mal ganz stark.

    Niemand muss einen Ausweis vorzeigen, um Internet zu benutzen. Woher Frau Helberg also ihre Informationen herbekommen hat, bleibt fraglich. Wäre schön, wenn sie sich dazu äußern könnte. Vielen Dank,Horst

  • P
    Potzblitz

    Und wie schaut' s bei uns mit der Überwachung der Kommunikation aus? War da nicht mal was mit Vorratsdatenspeicherung und BKA-Gesetz?

  • A
    Agnes

    Auf meiner Syrienreise letzten November bin auch ich in diversen Internetcafes im ganzen Land nicht ein einziges Mal um meinen Pass gebeten worden, dafür aber bei jeder Überlandbusfahrt. Auch wenn man mit dem Fahrrad allein durchs Land fährt, hat man schnell höfliche Begleitung....

  • M
    Martin

    Auch ich habe in den vier Wochen, die ich dieses Frühjahr in Damaskus verbracht habe, kein einziges Mal meinen Ausweis in einem der von mir besuchten Internetcafés vorlegen müssen, ebensowenig die anderen Nutzer.

    Beim beschriebenen Beispiel wird eventuell aufgrund der Nähe zur Uni strenger kontrolliert.

  • S
    Stefan

    Leider gibt der Artikel nicht die tatsächliche Situation in Syrien wider. Nicht einmal hab ich gesehen, wie in einem Internet-Cafe jemand seinen Ausweis zeigen musste oder irgendwelche Formulare ausfüllen musste. Ich war letztes Jahr schätzungsweise in 20 verschiedenen Internetcafes (zumeist in Damskus, insgesamt ungefähr 80 Inet-Cafe-Besuche) und niemals wurde ich oder Freunde oder irgend ein andere BEsucher gefragt. Mag es rechtlich so sein, tatsächlich passiert es nicht. Seiten wie Facebook sind ofiziell blockiert, aber jeder (!!!) Computer, den ich benutzte hatte ein kleines PRogram installiert welches die Sperre umging.

    Frau Helberg, das war leider mehr als schlecht recherchiert...

    Zu den generellen Geheimdienstaktivitäten kann ich natürlich nichts sagen, die angebliche Internetkontrolle wie im Artikel beschrieben findet allerdings wenn überhaupt ganz anders statt.

  • B
    big

    den gleichen artikel gab es doch vor ein paar tagen auf deutsche welle - und neu ist das thema trotzdem nicht.

  • K
    knt

    Wie primitiv. Der Westen macht das vollautomatisch per Echelon, Bundestrojaner und Datenvorratsspeicherung.

     

    Ist es unsere technologische Vormachtstellung die uns eine moralische Vormachtstellung einräumt?

  • K
    Krampe

    Die hier dargestellten Aktivitäten des Mukhabarat sind ja noch recht harmlos. Dass es in Syrien auch beim Geheimdienst eher familiär zugeht, produziert sicher ambivalente Räume, spricht aber noch lange nicht für seine Humanität. Ich hatte einmal die Ehre, in einem dieser netten Jeeps mit gekreuzten Gewehren und Asad-Konterfei steigen zu dürfen - und das alles nur, weil meine Freundin sich in einem Palästinenserlager aufgehalten hatte. Die arabischen Brüder aus den besetzten Gebieten "dürfen" zwar Wehrdienst leisten und bei den pro-Hizbollah-Demos mitlaufen, aber Reisepässe und vor allem Arbeitserlaubnisse machen sich sehr rar. Bei Verstößen heißt es schnell stundenlang auf einem Fuß stehen u.ä.

     

    @Italien: Man kann Verhältnisse in einem Land anprangern, ohne damit ein Werturteil über die Zustände in einem anderen abzugeben.

  • A
    aso

    @ Italien:

     

    „...Ich wundere mich bei der taz über garnichts mehr....dieses Blatt ist zu einem antiarabischen Propagandablatt herabgesunken,...“

     

    Seit wann heißt denn Links, man dürfe per se keine Kritik an desaströsen arabischen, oder regressiven islamischen Verhältnissen äußern?

     

    Die taz hat nicht vergessen, wer nach der iranischen Revolution zuerst aufgeknüpft wurde.

    Sie schon. Salzbeimer?

  • SL
    S. Laing

    Diese persönliche Kontaktaufnahme der Dienste mit den Usern hat immerhin eine gewisse Offenheit, wenn man bedenkt, dass sich beim Lesen dieses Artikels der Gedanke aufdrängt, das könnte auch von unserem Land handeln.

  • I
    Italien

    Ist auch in Italien so, dass man den Ausweis vorlegen muss und sich registrieren muss.

     

    Ich wundere mich bei der taz über garnichts mehr....dieses Blatt ist zu einem antiarabischen Propagandablatt herabgesunken, als ob es vom Mossad unterwandert wäre....

     

    Berichtet doch mal über israelische Geheimgefängnisse, Folter und Mord durch dessen Geheimdienste und die systematische Diskriminierung von Nichtjuden, den permanenten Bruch des Völkerrechts oder dass neuerdings schon das Erinnern an die palästinensische Tragödie (die Nakba = ethnische Säuberung Palästinas 1948) unter dem rechtsextremen Regime in Tel Aviv mit Gefängnis bestraft werden soll.

     

    Davon liest man vergeblich in "Deutschlands linker Tageszeitung".

     

    Oh Taz, ach du meine Güte Taz.. (frei nach bekanntem Zitat)

     

    Aber es ist ja viel opportuner, sich an arabischen Ländern abzuarbeiten...kennt man schon.