piwik no script img

Internationaler TV-MarktBeschleunigter Wettbewerb

Früher dauerte es Jahre, bis US-Serien in Deutschland zu sehen waren, heute manchmal nur Stunden. Die Zuschauer werden immer ungeduldiger.

Mussten Jahre auf den Relaunch warten, aber jetzt geht es auch in Deutschland ganz fix: Die gealterten Dallas-Stars. Bild: dapd

So schnell gab es erfolgreiche US-Serien im deutschen TV noch nie zu sehen: Letzten Winter begeisterte die Serie „Once upon a time“ das Publikum des amerikanischen Senders ABC. Jetzt wird die erste Staffel des „modernen Märchens“ mit Robert Carlyle in einer der Hauptrollen auf Super RTL ausgestrahlt.

Die Fortsetzung der Kultserie aus den 80er Jahren „Dallas“ wird bei RTL voraussichtlich zu Beginn des Frühjahres 2013 gezeigt. Seit Juni läuft sie in den USA auf TNT. Und wenn am 14. Oktober die dritte Staffel der erfolgreichen Zombie-Serie „The Walking Dead“ im US-Fernsehen startet, darf sich auch die deutsche Fangemeinde freuen: Bereits fünf Tage später gibt es die neuen Episoden in synchronisierter Fassung bei uns auf dem Pay-Sender FOX zu sehen.

Das sind nur drei Beispiele von vielen, wie sehr sich die Ausstrahlung von amerikanischen Erfolgsserien hierzulande beschleunigt hat. Während früher bis zu drei Jahre zwischen US- und Deutschland-Premiere liegen konnten, sind es heute nur noch Monate, Wochen, Tage oder gar Stunden wie bei der neuen Aaron Sorkin Serie „The Newsroom“. Nur wenige Stunden nach der US-Ausstrahlung war die erste Episode über Sky Go und einen Tag später via Sky Anytime im Originalton zum Abruf verfügbar.

Mehr Druck von den Sendern

Carsten Göttel, Programmdirektor bei dem Kindersender Super RTL, führt die Beschleunigung unter anderem auf den rückläufigen DVD-Markt zurück, was die Bedeutung der TV-Lizenzen verstärkte: „Auch üben die deutschen Sender mehr Druck als früher aus und fordern die Programme, die sie brauchen, schneller und früher“, sagt Göttel. „Ein Beispiel: Wenn ,Desperate Housewives‘ in den USA im September startet, läuft es bereits im Januar des darauffolgenden Jahres in Deutschland. Das ist bis zu einem Jahr eher als dies früher der Fall war.“

Bei den Pay-TV-Sendern ist Schnelligkeit mittlerweile ein Muss, wie Mirjam Laux, FOX- Deutschland-Chefin, ergänzt: „In Zeiten der online Totaltransparenz wird es immer schwieriger, den Zuschauern zu erklären, warum sie in Deutschland auf eine Serienausstrahlung noch warten müssen.“ Illegaler Download sei demnach nicht nur ein Zeichen von niedriger Zahlungsbereitschaft, sondern oft auch ein Ergebnis fehlender legaler Quellen.

Dass Trends und Zeitgeist schnelllebiger geworden sind, beschreibt Sylvia Rothblum, Deutschlandchefin des Filmrechtehandels bei Warner Brothers: „Beim Wechsel des Hauptdarstellers in ,Two and a half Men‘ war es natürlich wichtig, die neue Staffel schnell im deutschen Fernsehen auszustrahlen, weil das Thema aktuell war.“ Vier Monate nach der Erstausstrahlung war sie auf ProSieben zu sehen. „Eine weitere Beschleunigung ist nicht möglich, wir sind da am Limit angelangt“, sagt Rothblum und differenziert: „Bei Serien, die nicht mehr so im Fokus der Medien stehen, besteht dieser Zeitdruck nicht.“

Während die Sender, die sich zurzeit als Multimedia-Unternehmen umbauen, bevorzugt alle Rechte erwerben möchten, achten die Filmverleiher auf eine möglichst „wirtschaftliche“ Auswertung und verkaufen an den jeweils höchsten Bieter. Dass die Sender den Zuschauern dabei eine Woche lang eine Folge im Web kostenlos zeigen können, ist mittlerweile Standard. „Wir behalten gerne die Rechte und schauen, wo das beste Angebot gemacht wird und entscheiden von Fall zu Fall“, erklärt Rothblum ihre Strategie.

„Schnelligkeit ist nicht alles“, mahnt allerdings der RTL-Chef-Filmeinkäufer Jörg Graf und gibt zu bedenken: „Bei dem großen Wettbewerb, der in Deutschland herrscht, wird das Potenzial eines hochwertigen Programms schnell verschwendet, wenn es nicht richtig programmiert wurde.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • HK
    Hoffnung keimt

    Menschenskind und da glauben manche, es gebe keinen Fortschritt!