Internationale Einmischung in Syrien: CIA hilft Rebellen bei der Bewaffnung
Einem Pressebericht zufolge unterstützt der US-Geheimdienst die Suche nach Empfängern für Waffenlieferungen der Verbündeten. Ein Kampfpilot desertiert nach Jordanien.
WASHINGTON/AMMAN dpa/dapd | Der US-Geheimdienst CIA verhilft den syrischen Rebellen nach einem Zeitungsbericht zu Waffen für ihren Kampf gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad. Seit Wochen kontrollierten US-Agenten vom Süden der Türkei aus, welche Oppositionskämpfer auf der anderen Seite der Grenze mit Gewehren, Panzerfäusten oder auch Raketenwerfern ausgestattet würden, berichtete die New York Times am Donnerstag.
Die Waffen würden von der Türkei, von Saudi-Arabien und Katar bezahlt und durch ein verdecktes Netzwerk aus Mittelsmännern – etwa von der syrischen Muslimbruderschaft – über die Grenze gebracht, heißt es unter Berufung auf US-Beamte und arabische Geheimdienstoffiziere. Die Regierung von US-Präsident Barack Obama beteuert, selbst keine Waffen an die Aufständischen zu liefern, hat aber gebilligt, dass Staaten der Region dies tun.
Die Geheimoperation der CIA solle auch verhindern, dass die Waffen in die Hände von Terroristen etwa des Netzwerks al-Qaida fielen, schrieb die New York Times weiter. Die Prüfung der Rebellengruppen solle der amerikanischen Regierung zudem helfen, mehr über das wachsende Oppositionsnetzwerk in Syrien zu lernen. In dem Verfahren würden auch neue Helfer rekrutiert, wird ein arabischer Geheimdienstmitarbeiter zitiert.
Obama will Rebellenhilfe ausweiten
Die Obama-Regierung denkt dem Bericht zufolge darüber nach, die Hilfe für die Rebellen auszuweiten. So könnten ihnen Satellitenbilder über syrische Truppenbewegungen zur Verfügung gestellt werden. Auch sei Unterstützung beim Aufbau eines eigenen Nachrichtendienstes denkbar. Allerdings seien darüber noch keine Entscheidungen gefallen.
Das Syrische Rote Kreuz steht derweil mit dem Regime in Verhandlungen über die Evakuierung der Zivilisten aus der belagerten Stadt Homs. Rund 1000 Familien sind dort nach wochenlangen Kampfhandlungen von der Versorgung abgeschnitten. Allerdings müsse erst ein zumindest vorläufiger Waffenstillstand herrschen, bevor die Lieferung von Hilfgütern und die Evakuierung von Verletzten beginnen kann.
Die Zahl der Deserteure wächst
Für die syrische Führung wird es langsam brenzlig. Die Zahl der Deserteure wächst und Russland ist bereit, mit den Westmächten über die Zukunft des Krisenlandes zu sprechen. Bereits am 30. Juni will sich nach Angaben der Arabischen Liga eine neue Syrien-Kontaktgruppe treffen, der auch Russland angehören soll.
Ob Iran mitmacht, ist noch unklar
„Dieses Treffen in Genf wird sehr wichtig sein“, sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, am Donnerstag der Presse in Kairo. Seinen Angaben zufolge werden die fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates sowie Vertreter der EU, der Arabischen Liga und der Vereinten Nationen mit am Tisch sitzen. Ob auch der Iran als wichtigster Verbündeter der syrischen Führung eingeladen wurde, wusste er nicht zu sagen.
Annan hatte die Bildung einer Kontaktgruppe einflussreicher Staaten vorgeschlagen, die mit Damaskus über eine Lösung auf der Basis seines Sechs-Punkte-Friedensplans verhandeln soll. Zu der Gruppe sollten nach den Vorstellungen des Syrien-Sondergesandten der UN und der Arabischen Liga neben Russland, China und den USA auch Regionalmächte wie Saudi-Arabien und der Iran gehören.
Die Schweiz halte sich bereit und stehe in Kontakt mit Annans Team in Genf, sagte Außenminister Didier Burkhalter. Die Bildung der Syrien-Kontaktgruppe galt bislang wegen des Widerstands der USA gegen eine Beteiligung des Irans als schwierig.
Pilot desertiert nach Jordanien
Unterdesssen flüchtete ein syrischer Luftwaffenoffizier mit seinem Kampfflugzeug nach Jordanien und bat um politisches Asyl. Das bestätigte der jordanische Informationsminister Samih Maajtah. Es ist die erste Desertion eines Luftwaffenpiloten seit Beginn des Aufstands. Syrien forderte das Flugzeug umgehend zurück. Jordanien hat seit März vergangenen Jahres 125.000 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen.
Die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA hatte zuvor gemeldet, dass eine ihrer Kampfmaschinen bei einem Übungsflug über dem Süden Syriens vom Radar verschwunden sei. Den Namen des Piloten gaben staatliche syrische Medien mit Oberst Hassan Hamada an. Der Nachrichtensender al-Arabija meldete unter Berufung auf den oppositionellen Syrischen Nationalrat, der Pilot sei vom Fliegerhorst Chilchila in der Provinz Suweida südlich von Damaskus gestartet.
Britische Zeitungen berichteten, die USA und Großbritannien schmiedeten einen Plan, wonach dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad freies Geleit zu einer Konferenz über Wandel in Syrien in die neutrale Schweiz gewährt werden soll. "Es ist schwerlich zu erkennen, dass wir eine Verhandlungslösung erreichen, in der einer der Beteiligten freiwillig zustimmt, zum Internationalen Gerichtshof zu gehen", wird ein Diplomat vom Daily Telegraph zitiert.
Der britische Premierminister David Cameron hatte nach dem G-20-Gipfel in Mexiko erklärt, es gebe grundsätzliche Einigkeit über das Vorgehen in Syrien. Russlands Präsident Wladimir Putin beharre nicht mehr auf Machterhalt für Assad.
Nach Angaben der Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter wurden am Donnerstag landesweit 60 Menschen getötet. Alleine in der Provinz Daraa habe es 23 Tote gegeben. Die meisten von ihnen seien in der Ortschaft Inchil durch Artilleriebeschuss ums Leben gekommen.
taz.de informiert: Wer nicht mehr ertragen kann, was dem syrischen Volk angetan wird, kann über die von der taz in Berlin und Beirut überprüfte Nicht-Regierungsorganisation Adopt a revolution zumindest für das Überleben der Menschen im friedlichen Widerstand spenden. B.S./JAZ
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