: Interessenkonflikte verdrängt
betr.: „CDU in der Steuersenke“ (Wirtschaftspolitik), Kommentar von Christian Füller, taz vom 13. 1. 03, u. a.
Steuersenkung für alle! Dies kurbelt die Wirtschaft an, schafft Jobs und entlastet den Haushalt. […] Kein Wort zu der eklatanten Umverteilung der Steuerlasten von oben nach unten in den letzten Jahren. Großunternehmen und Spitzenverdiener investierten in dieser Zeit die enormen eingesparten Summen nur zu Bruchteilen. Was sollen hier weitere Entlastungen bringen? Natürlich müssen Kleinunternehmen und Normalverdiener steuerlich entlastet werden, aber nur diese! Mit der griffigen Formel Steuerentlastung für alle werden die entsprechenden Interessenkonflikte verdrängt. Wenn diese jedoch nicht offen diskutiert und ausgetragen werden, werden alle auf ein positives Medienecho hin formulierten Wirtschaftskonzepte scheitern.
Wenn den öffentlichen Haushalten weiter die Einnahmen wegbrechen, wird es trotz intensiver Rationalisierungsbemühungen zu einem massivem Abbau staatlicher Leistungen und Aufgaben kommen. Die Erfahrungen in den angelsächsischen Ländern bestätigen, dass die Rhetorik vom effizienteren und schlankeren Staat immer auch diesen Hintergrund hat. Eine offene, differenzierte und nicht verdrängende Diskussion darüber, welche Aufgaben staatlich bleiben sollen und durch wen diese zu finanzieren sind, lässt sich nicht auf die Forderung nach mehr Rationalisierung im öffentlichen Dienst reduzieren.
JOACHIM KONSTANTIN, Tornesch