Integrationsdebatte: Regierung besetzt Islamkonferenz neu
Das nächste Treffen der Islamkonferenz findet im Mai statt. Doch möglicherweise werden dann der Islamrat und Prominente wie die Juristin Seyran Ates nicht dabei sein.
BERLIN taz | Dass die Deutsche Islamkonferenz (DIK) weitergeführt wird, war nach der letzten Legislaturperiode klar. Unklar ist aber momentan, in welcher Form das nächste Treffen im Mai stattfinden soll. "Berlin streicht diese drei Namen", hieß es gestern auf der Titelseite der türkischen Tageszeitung Hürriyet. Die drei Ausgeladenen seien die Juristin Seyran Ates, die Soziologin Necla Kelek und Ali Kizilkaya, Vorsitzender des Islamrats. Der zeigte sich überrascht und erfuhr erst gestern von der taz, dass er nicht mehr mitmachen soll. Kizilkaya räumte aber auch ein, dass sein Verband seit Antritt der schwarz-gelben Regierung nichts mehr vom Innenministerium gehört habe und enttäuscht sei.
Eine Sprecherin des Innenministeriums konnte die von der Hürriyet gemeldete Nachricht ebenfalls nicht bestätigen. Jedoch seien strukturelle Änderungen bei der Konferenz geplant. Über personelle Wechsel wollte man keine Angaben machen. Aus Regierungskreisen ist aber zu vernehmen, sollte es einen Austausch geben, wird dieser sehr umfassend sein - sich also nicht auf Kelek, Ates und Kizilkaya beschränken.
Einige Teilnehmer haben vom Innenministerium gestern einen Brief bekommen, in dem sie zu Gesprächen im März eingeladen wurden. Ein Teilnehmer, der namentlich nicht genannt werden möchte, findet das auch "sinnvoll": Das Feld der Debatte sei abgesteckt - jetzt müsse es darum gehen, konkrete Sachfragen zu lösen. Eine andere Teilnehmerin, die ebenfalls anonym bleiben will, findet die Entwicklung bedenklich: "Der Staat kümmert sich bei dem Dialog um die Fundamentalisten. Kritische Muslime werden aussortiert."
Die Islamkonferenz war 2006 vom damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) einberufen worden, um den Dialog zwischen Muslimen und Staat zu institutionalisieren. Am Plenum der Konferenz nahmen je 15 Vertreter des deutschen Staates und der muslimischen Seite teil - neben Repräsentanten islamischer Verbände auch nichtorganisierte Einzelpersonen. Bei der letzten Sitzung der schwarz-roten Koalition konnten sich die Vertreter der Muslime weder über ihre Rolle für die Integration noch über die Offenlegung der Finanzen der Verbände verständigen.
Necla Kelek hatte die Konferenz kürzlich für gescheitert erklärt. Die "quälenden Gespräche" der vergangenen Islamkonferenzen hätten gezeigt, dass mit dem "organisierten Islam keine Integration gelingen" werde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei