Integration: Migranten müssen Streber sein

Weil eine 16-Jährige schlechte Noten hat, soll sie keine Niederlassungserlaubnis bekommen. Eine SPD-Abgeordnete verlangt dagegen, migrantische Jugendliche wie Deutsche zu behandeln.

Die SPD-Abgeordnete Canan Bayram kritisiert den rot-roten Senat wegen des ihrer Meinung nach zu rigiden Umgangs mit Migranten ohne deutschen Pass. Bayram betreut als Anwältin eine 16-jährige Schülerin, der wegen schlechter Schulnoten eine Niederlassungserlaubnis verweigert wurde. "Das Aufenthaltsrecht ist aber nicht das richtige Instrument, um die Leistungen von Schülern zu verbessern", sagte sie der taz.

Vor gut einem Monat war bekannt geworden, dass die Ausländerbehörde von nichtdeutschen Jugendlichen einen Nachweis verlangt, dass sie sich um Arbeit oder Ausbildung bemühen - sonst drohen ihnen aufenthaltsrechtliche Konsequenzen. Der Staatssekretär von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatte in diesem Zusammenhang vom "Prinzip Fordern und Fördern" gesprochen. Bayram, die Mitglied im Innenausschuss ist, sagt dagegen: "Wir stellen uns selbst kein gutes Zeugnis aus, wenn wir Schülern nicht andere Anreize geben können, ihre Noten zu verbessern."

Auch der Migrationsrat Berlin-Brandenburg kritisiert Fälle wie den der 16-Jährigen als "integrationsfeindliche Politik". Den Migranten werde vermittelt, "dass Menschen mit Migrationshintergrund, selbst wenn sie hier geboren sind, eben nicht Teil dieser Gesellschaft sind und dass mit ihnen beliebig umgegangen werden kann".

Die Klientin von Bayram ist in der Türkei geboren und seit rund zehn Jahren in Deutschland. Sie soll nur eine befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten, die verlängert werden muss. Denn die Noten der Schülerin seien nicht gut genug, so die Begründung, berichtet Bayram. Die Ausländerbehörde habe sich die Zeugnisse der letzten Jahre angeschaut und Fünfen und unentschuldigtes Fehlen moniert.

Die Schülerin war laut ihrer Anwältin völlig überrascht: "Sie war sehr verletzt, zumal ihre große Schwester zuvor problemlos die Niederlassungserlaubnis bekommen hatte." Ein Lehrer soll der Schülerin gesagt haben, wenn ihre Leistungen nicht besser würden, würde sie zurückgeschickt. "Tatsächlich muss sie zwar keine Abschiebung befürchten, aber natürlich hat sie jetzt trotzdem Angst davor, Freunde und Familie verlassen zu müssen", so Bayram.

Die SPD-Politikerin findet es grundsätzlich falsch, dass Jugendliche, die schon lange in Deutschland leben, mit der "aufenthaltsrechtlichen Keule" unter Druck gesetzt werden. Stattdessen sollten sie genauso behandelt werden wie Deutsche. Zumal die Ausländerbehörde so auch Aufstiegschancen verbaut: Wer nur eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsgenehmigung habe, könne kaum eine dreijährige Ausbildungsstelle oder einen Existenzgründerkredit bekommen, kritisiert Bayram.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.