: Innerserbischer Streit ist beendet
■ Die bosnischen Serben erhalten wieder Nachschub aus Belgrad / Clinton und Carter wußten Bescheid
Wien (taz) – Bo Pellnas ist nicht länger Chef der rund 130 UN-Beobachter an der bosnisch-serbischen Grenze – obwohl der schwedische General nach Aussage der Genfer Friedensvermittler David Owen und Thorvald Stoltenberg „ausgezeichnete Arbeit“ geleistet hat. Ihnen zufolge waren „persönliche Gründe“ ausschlaggebend. Wahrscheinlicher scheint jedoch, daß Pellnas' Rücktritt mit der Frage nach der Funktion seiner UN-Monitore zusammenhängt.
Bereits am 9. Dezember hatte Washington Post gemeldet, in den vergangenen Wochen sei bestes Kriegsgerät aus Belgrad zu den bosnischen Serben gelangt. Den Deal zwischen Serbiens Präsident Slobodan Milošević und dem bosnischen Serbenführer Radovan Karadžić habe der Oberbefehlshaber der bosnischen Serben, Ratko Mladić, mit eingefädelt. Drei Tage später enthüllte die New York Times, seit Ende November seien regelmäßig Waffentransporte nach Bosnien gegangen – festgehalten durch US-Aufklärungsflugzeuge. US-Präsident Bill Clinton soll ebenso unterrichtet worden sein, wie sein „privater“ Unterhändler Jimmy Carter.
Die Reaktion des Westens jedoch blieb aus: Nach einer Meldung des britischen Guardian vom Dienstag zeigte sich die Regierung in London lediglich darüber verstimmt, daß nicht alle Einzelheiten der US-Aufklärung den europäischen Partnern zur Verfügung gestellt worden seien. Wer genauer wissen wollte, was über die bosnisch-serbische Grenze geschleust wird, konnte sich derweil über das Belgrader Wochenmagazin Vreme informieren: Dort stand schon am 5. Dezember, welche der SA-Flugabwehrraketen die serbische Seite im Ernstfall als „Anti-Nato-Waffen“ hätten einsetzen können.
Ob die militärischen Erfolge der bosnischen Armee vor zwei Monaten die erneute Annäherung zwischen Karadžić und Milošević ermöglichten, wie Vreme meinte, darf allerdings bezweifelt werden: Immer mehr Fakten sprechen dafür, daß die Belgrader für die bosnischen Landsleute auch zu der Zeit aufrechterhalten wurde, als sich Karadžić gegen die Zustimmung zum Teilungsplan der Kontaktgruppe sträubte. Denn sowohl in der serbischen Hauptstadt als auch in Pale, dem Hauptquartier der bosnischen Serben, war bekannt: Nur eine neuer „Friedensplan“ könnte den alten Genfer Vorschlag vom Tisch fegen.
Eine Idee war geboren: Der russische Radikalreformer Gregor Gaidar, der US-Amerikaner Henry Kissinger oder Ex-US-Präsident Jimmy Carter müßten für eine neue Initiative zugunsten der Serben gewonnen werden.
Letzterer biß an, als eines Tages der Belgrader Philosoph Svetozar Stojanović und der rest-jugoslawische Ex-Präsident Milan Panić vor seiner Haustür standen. Beide setzten ihren Ruf als Demokraten ein – im Auftrag Miloševićs. Karl Gersuny
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen