Innenpolitik: Union will keine Lizenz zum Töten
Die CDU kritisiert Innenminister Schäuble zunehmend für seine Idee des Terroristen-Mords.
BERLIN afp Der jüngste Vorstoß von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) für schärfere Anti-Terror-Gesetze stößt zunehmend auch bei der Union auf Kritik. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte auf Deutschlandradio Kultur, er halte eine gezielte Tötung von Terroristen für mehr als problematisch.
Bosbach war mit seiner Kritik nicht allein. Der CDU-Innenpolitiker Ralf Göbel sagte der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung: "Wir brauchen keine Lizenz zum Töten auf Verdacht." Bei der SPD stieß die Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Kritik, sich in die Verhandlungen um die von der Union geforderten Online-Durchsuchungen einzuschalten. Bosbach betonte, auch bei einem Terroristen wie Ussama Bin Laden müssten die rechtsstaatlichen Grundsätze mit Anklage und Aburteilung eingehalten werden. Zudem sei aus guten Gründen die Todesstrafe abgeschafft worden. Auch zur Gefahrenabwehr könne er sich keine Rechtsnorm vorstellen, die ein vorsätzliches Töten erlaubt. Allerdings sollten "terroristische Vorbereitungshandlungen" wie die Ausbildung in Camps, der Ankauf von Sprengstoff und das Publizieren von Bombenbauanleitungen im Internet unter Strafe gestellt werden.
Göbel verwies auf die Regelung in den Polizeigesetzen der Länder, wonach der sogenannte finale Rettungsschuss an die Abwehr einer unmittelbaren Gefahr geknüpft ist. "Das wird auch die Voraussetzung bleiben", betonte er. Es sei "sorgfältig verfassungsrechtlich" zu prüfen, ob sogenannte Gefährder analog zum Unterbindungsgewahrsam für Hooligans über Monate weggesperrt werden könnten, sagte Göbel zu einem weiteren Vorschlag Schäubles. "Grundsätzlich müssen wir uns ein paar Dinge überlegen, wie wir diejenigen, die wir als Gefährder erkannt haben, so überwachen, dass wir wissen, was sie tun."
Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) sagte der Passauer Neuen Presse vom Dienstag, die Tötung von Terrorverdächtigen in Deutschland sei "völlig inakzeptabel". Gleichzeitig betonte er: "Die Fragen, die Schäuble aufwirft, sind existenziell." Er warne vor jeder Hysterie, die Anregungen solle man "sorgfältig prüfen".
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