■ UEFA-Cup: Inflation der Jahrhundertspiele
Berlin (taz/dpa) – Mit 0:1 hat der Karlsruher SC sein UEFA-Cup- Hinspiel bei Girondins Bordeaux verloren und dabei viel Glück gehabt, daß die Niederlage nicht höher ausfiel. Dennoch glaubt bei den Badenern niemand daran, daß das Team im Achtelfinale scheitern könnte. Schließlich ist das „Wunder von Karlsruhe“, der rauschende 7:0-Sieg gegen den FC Valencia, noch in frischer Erinnerung, und nicht wenige beim KSC scheinen überzeugt, daß sich dieses Wunder nun in ähnlich regelmäßigen Abständen wiederholen wird wie die Verflüssigung des Blutes des San Gennaro in Neapel.
„Ich bin überzeugt, daß wir weiterkommen. Vielleicht gelingt uns nochmal ein Jahrhundertspiel“, tönte Trainer Winfried Schäfer in völliger Ignoranz der Tatsache, daß dies schon rein von der Sprachlogik eine Unmöglichkeit wäre. Schließlich würde das nächste Jahrhundertspiel jenes gegen Valencia als solches auf der Stelle auslöschen, und das wäre doch irgendwie schade.
„Die schießen wir aus unserem Stadion“, ist Edgar Schmitt, der gegen die Spanier so Unfehlbare, vom Weiterkommen der Karlsruher überzeugt, obwohl im Rückspiel Bender und Rolff wegen der gelben Karten, die sie in Bordeaux kassierten, fehlen werden. „Das biegen wir um“, verkündete Dirk Schuster. „Das ist nicht so schlimm. Die Spanier waren stärker“, optimistelte Sergej Kiriakow. Und Vereinspräsident Roland Schmider schmetterte morgens um zwei Uhr „nach zwei Gläsern Rotwein“ (dpa) schon wieder siegesgewiß das Badener-Lied.
Die Franzosen sahen den Hochmut des Gegners vor dessen angestrebtem Fall mit großem Vergnügen und ärgerten sich nur darüber, daß sie ihre Torchancen gegen eine schwache KSC-Abwehr nicht nutzen konnten. Lediglich Zenedine Zidane traf per Freistoß (77.), ist aber überzeugt: „Das reicht.“ Dem kann auch Trainer Roland Courbis nur beipflichten: „0:2 auswärts zu verlieren, ist bei uns eigentlich nicht üblich.“ Es sei denn in Jahrhundertspielen.Matti
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