In Spanien festgenommener Schriftsteller: Madrid lässt Akhanli gehen
Der türkischstämmige Kölner Dogan Akhanli wird nicht in die Türkei ausgeliefert. Spanien hatte den Schriftsteller aufgrund eines Haftbefehls aus Ankara festgenommen.
„Ich habe für kommenden Mittwoch schon einen Flug nach Köln gebucht“, sagte Akhanli dpa. „Ich freue mich sehr, obwohl mir Spanien auch sehr gut gefallen hat“, fügte er hinzu. Außenminister Sigmar Gabriel Gabriel äußerte sich „sehr erleichtert“ über die Entscheidung.
Akhanli war am 19. August während eines Spanienurlaubs in Granada aufgrund eines türkischen Haftbefehls festgenommen worden. Einen Tag später war er unter Auflagen frei gelassen worden, durfte Spanien aber nicht verlassen und musste seinen deutschen Reisepass abgeben und sich einmal wöchentlich bei der Polizei in Madrid melden.
Die Türkei wirft Akhanli vor, 1989 an einem Raubmord in Istanbul beteiligt gewesen zu sein. Ein Freispruch wurde nach Angaben türkischer Medien 2013 aufgehoben und der Fall neu aufgerollt. Die Vorwürfe wertet der Betroffene als politisch motiviert. Akhanli sieht seine kritische Auseinandersetzung mit der Türkei als Ursache für seine von Ankara betriebene Festnahme. In der Türkei hätte ihm eine lebenslange Haft gedroht. „Man wird mich aber nicht zum Schweigen bringen“, betonte der Schriftsteller mehrfach in Madrid.
Akhanli sagte am Freitag bei einem Telefonat von Madrid aus, die verweigerte Auslieferung an die Türkei sei auch ein „Signal an die Türkei, dass sie nicht willkürlich Menschen verfolgen“ könne. „Ich habe sehr enge Bande zu Spanien geknüpft, aber ich freue mich sehr, nach Köln zurückzugkehren. Nur muss ich am Montag erst noch meinen Reisepass bei den spanischen Behörden abholen“, sagte ein hörbar erleichterter Akhanli.
Festnahme nach Interpol-Eintrag
Seine Festnahme am 19. August in Granada war Folge einer sogenannten Red Notice bei der Internationalen Polizeibehörde Interpol im Auftrag der Türkei. Damit kann ein Staat die Festnahme eines Gesuchten mit dem Ziel der Auslieferung beantragen. Der Red-Notice-Eintrag war bei Interpol offenbar nicht mit dem Hinweis verbunden, dass es sich vermutlich um eine Verfolgung aus politischen Gründen handelte. Wohl deshalb hatte die spanische Justiz Akhanli zunächst festnehmen lassen.
Die Bundesregierung hatte sich kritisch zu dem Vorgang geäußert. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte eine Debatte in der EU über möglichen Missbrauch der Polizei-Organisation Interpol durch die Türkei. Am Freitag begrüßte er die Entscheidung Spaniens. „Ich bin sehr erleichtert und freue mich, dass das spanische Kabinett das Auslieferungsverfahren der Türkei für Herrn Akhanli nicht mehr weiterführen will“, sagte Gabriel am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Damit Akhanli ausreisen könne, müsse jetzt das zuständige Gericht die bisherigen Auflagen noch aufheben. „Ich hoffe, dass dies nun schnell und unkompliziert passiert, so dass Herr Akhanli nach Deutschland zurückkehren kann.“
Berlin hatte sich auch in Spanien für Akhanli eingesetzt. Gabriel und Justizminister Heiko Maas (SPD) wandten sich im September in einem Schreiben an die spanische Regierung gegen eine Auslieferung des Schriftstellers. Es gebe mehrere „erhebliche außenpolitische und rechtliche Bedenken“, hieß es in dem Schreiben. „Aus hiesiger Sicht droht aufgrund des persönlichen Hintergrundes von Herrn Akhanli und der aktuellen innenpolitischen Entwicklung in der Türkei eine Strafverfolgung aus politischen Gründen“, schrieben Gabriel und Maas. Artikel 3 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens verbiete aber eine solche Auslieferung wegen politischer Verfolgung.
Der Fall Akhanli hatte die ohnehin schon schlechten deutsch-türkischen Beziehungen weiter belastet. Er liegt aber etwas anders als die Verhaftungen von Deutschen in der Türkei. Mesale Tolu, Deniz Yücel und Peter Steudtner sind die bekanntesten. Ihnen werden Terrorvorwürfe im Zusammenhang mit dem Putschversuch 2016 gemacht. Akhanli, der aus der Osttürkei stammt, aber nur noch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, wird von der türkischen Justiz dagegen mit einer Tat in Zusammenhang gebracht, die fast 30 Jahre zurückliegt. Akhanli selbst glaubt, dass dieser Vorwurf nur ein Vorwand ist.
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