Im Generika-Streit zeigen die Pharmakonzerne ihr hässliches gesicht : Gesundheit als Ware
Nur selten wird die Heuchelei der Pharmaindustrie so offensichtlich wie bei ihrem Umgang mit Entwicklungsländern. Da gehen die Konzerne notfalls auch über Leichen, wie es sich in der Klage des Pharmariesen Novartis gegen indische Generika-Medikamente andeutet.
Per Gerichtsbeschluss und mit Verweis auf weltweite Abkommen will Novartis in Indien die Produktion von Kopien des Leukämiemedikamentes Glivec stoppen. Zu lukrativ scheint mittlerweile das Geschäft, das eine zahlungskräftige indische Mittelklasse verspricht. Dass die meisten Entwicklungsländer am Tropf der indischen Generikaproduktion hängen, ist dabei zweitranging. Mit aller Macht will Novartis das indische Patentgesetz aus dem Weg räumen, das ihnen das Melken ihrer ergiebigsten Cashcow verleidet.
Sollte es Novartis gelingen, den Patentschutz auf Generika durchzusetzen, so wäre dies ein weiterer Schritt zur Kommerzialisierung des Menschenrechtes auf Gesundheit. Dass Arme dabei das Nachsehen haben, spielt dabei keine Rolle.
Noch immer gibt es für die typischen Krankheiten der Armen wie Malaria, die Schlafkrankheit, Tuberkulose oder Aids keine Heilung. Stattdessen investieren Konzerne wie Novartis ihre Ressourcen in lukrative Lifestyle-Präparate gegen Haarausfall, Übergewicht und Erektionsstörungen. Und verballern mehr Geld für Werbung als für die medizinische Forschung: So hat etwa der Novartis-Konzern im letzten Jahr 30 Prozent seiner Ausgaben für das Marketing ausgegeben – nur 19 Prozent flossen in die Forschung.
Dass dieser Wahnsinn auch noch durch internationale Abkommen zum „Schutz des geistigen Eigentums“ unterstützt wird, wirft kein gutes Licht auf die Welthandelsorganisation WTO. Die damit geförderte Privatisierung des Wissens dient in erster Linie dem Interesse der transnationalen Konzerne. Damit sich das ändert, steht Deutschland in der Pflicht: Als Gastgeber des G-8-Gipfels im Juni kann Angela Merkel ihre Ankündigung wahrmachen, dass sie „etwas gegen die Ausbeutung der armen Länder unternehmen“ will. TARIK AHMIA