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Archiv-Artikel

Ignoranz und Starrsinn

Betrifft: „Bornierte Mittelschichten“ und „Tapfere PISA-Verlierer“, taz und taz bremen vom 4.11.2005

Wenn man die Bremer Stellungnahmen zu den aktuellen PISA-Ergebnissen liest – insbesondere die geradezu komisch dummdreiste von keinerlei seriöser Information getrübte Gesamtschulkritik von Herrn Rohmeyer (CDU), könnte man meinen, eine Mischung aus Ignoranz und Starrsinn sei hierzulande Grundvoraussetzung für den Job des Bildungspolitikers. In Wirklichkeit bieten sie jedoch (ähnlich bundesweit) die beste Illustration für Frau Winkelmanns Kommentar zu den „bornierten Mittelschichten“. Doch nicht nur bornierte Engstirnigkeit treibt diese um. Historisch verbürgt ist: der abstiegsbedrohte Kleinbürger in der Krise ist immer für kräftige Tritte nach unten zu haben. Interpretatorische Verrenkungen wie die Verteidigung des dreigliedrigen Schulsystems bei gleichzeitiger Schuldzuweisung an betroffene Familien verdecken lediglich, dass man die selbst gesteckten „Bildungsziele“, nämlich die Ausgrenzung der „Unterschichten“ und Migranten angesichts eines sich verschärfenden Kampfs um knapper werdende Arbeitsplätze, Karriere und sichere Einkommen immer besser erreicht und auf diesem Weg auch fortzufahren gedenkt. Was aus den „Losern“ der deutschen Bildungssystems werden soll – dazu siehe die „Parasiten“-Kampagne des Herrn Clement, aber auch die derzeitigen Straßenkämpfe in den Pariser Vorstädten. CHRISTIANE KRAUSCH, Bremen