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Ifor zwingt bosnische Serben zum Abzug

■ Serbische Panzer weichen der internationalen Truppe. Finnische Experten bergen neun Leichen bei Srebrenica

Sarajevo/Zagreb (dpa/rtr) – Eine Kraftprobe zwischen serbischen Einheiten und Ifor-Soldaten in der Nähe des Militärhauptquartiers der Serben in Han Pijesak ist am Samstag zugunsten der Friedenstruppen ausgegangen. Eine Helikopterpatrouille der Ifor hatte am Vortag über ein Dutzend Panzer entdeckt, die dort entgegen den Abmachungen des Friedensvertrags stationiert waren. Ifor-Soldaten rückten mit Unterstützung von Kampfhubschraubern und -flugzeugen aus, um die Serben zum Abzug zu zwingen. „Anstatt sich zurückzuziehen, drohten die Serben und forderten unsere Soldaten zum Abzug auf“, erklärte ein Ifor- Sprecher in Sarajevo. Am Mittag hätten die Serben jedoch mit dem Rückzug ihrer Panzer begonnen.

Die Belgrader Nachrichtenagentur Beta meldete unter Berufung auf das bosnisch-serbische Fernsehen, Ifor-Panzer hätten das Hauptquartier des als Kriegsverbrecher gesuchten bosnisch-serbischen Militärchefs Ratko Mladić umstellt. Die Bevölkerung habe die Truppen am Eindringen gehindert. Diese seien abgezogen.

Der ebenfalls als Kriegsverbrecher angeklagte bosnische Serbenführer Radovan Karadžić blieb von den Friedenstruppen Ifor weiterhin unbehelligt. „Ich habe weder den Befehl, Karadžić zu jagen, noch den, ihn unter Hausarrest zu stellen“, erklärte Ifor-Kommandeur Admiral Leighton Smith. Die Friedenstruppen hätten lediglich ihre Präsenz in den Serbengebieten verstärkt und auf die Serbenhochburg Pale ausgeweitet.

In Bonn forderten Außenminister Klaus Kinkel und Verteidigungsminister Volker Rühe die Festnahme von Karadžić und seinem Armeechef Ratko Mladić. Nach Abschluß der Beweisaufnahme durch das UN-Kriegsverbrechertribunal sprach sich Kinkel für internationale Haftbefehle gegen beide aus. „Die unaussprechlichen Greuel können nur eine Konsequenz haben: Karadžić und Mladić müssen jetzt endlich vor das Tribunal“, sagte Kinkel.

Unterdessen haben bei der früheren Muslimen-Enklave Srebrenica finnische Experten neun Leichen geborgen. Nach Angaben eines UNO-Sprechers in Sarajevo setzten sie sich dabei über die Ablehnung der bosnisch-serbischen Polizei vor Ort hinweg. Die Polizei hatte ihnen tagelang die Genehmigung zur Bergung der Leichen verwehrt, obwohl die Vizepräsidentin der bosnischen Serben, Biljhana Plavsić, die mündliche Zusage dazu erteilt hatte. Insgesamt hätten die Experten auf der Anhöhe bei Kravica 35 Leichen ausgemacht. Es wird vermutet, daß es sich dabei um Muslime aus Srebrenica handelt. Die Serben sollen damals bei der Erorberung der Schutzzone bis zu 6.000 Muslime massakriert haben.

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