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Archiv-Artikel

„Ich werde nachdrücklicher werden müssen“

Nicolas Zimmer mag Machiavelli, doch nicht die reine Machtpolitik. Er setzt auf Teamarbeit, das sei eine Frage der Kultur. Zimmer merkt aber, dass er ohne klare Chef-Ansagen in der CDU-Fraktion nicht länger auskommt

taz: Herr Zimmer, haben Sie Machiavellis „Der Fürst“ gelesen?

Nicolas Zimmer: Hab’ ich.

Merkt man aber nicht.

Wieso?

Weil Machiavelli warnt: „Ein kluger Herscher darf sich nur auf das verlassen, was er zu bestimmen hat.“ Fraktionskollegen werfen Ihnen aber Führungsschwäche vor.

Ich setze doch nicht alles, was ich lese, in die Tat um. Machiavelli ist sicher spannend, gilt aber nicht unbedingt als Anleitung für gute Menschen …

aber als Erfolgsstrategie.

Machiavelli beschreibt doch die reine Mechanik der Macht. Vielleicht braucht man das als Handwerkszeug. Doch ich habe immer noch den Glauben daran, dass man Menschen auch auf einer rationalen Ebene ermutigen kann, selber zu den richtigen Entscheidungen zu kommen. Und ich habe feststellen müssen, dass es auch Fraktionskollegen gibt, die offensichtlich eine klare Ansage haben wollen.

Wie reagieren Sie denn auf den Schwäche-Vorwurf?

Zum einen liegt doch nahe, dass solche Kritik von Leuten kommt, die gar nicht geführt werden, sondern eigentlich selbst führen wollen. Zum anderen ist es fraglich, ob man als Fraktionsvorsitzender bei 35 Abgeordneten, die sehr individualistisch sind, tatsächlich in jeder Frage führen kann. Doch an einigen Stellen werde ich wohl nachdrücklicher werden müssen, das habe ich jetzt gelernt.

Lassen Sie uns doch mal zwei konkrete Dinge abklopfen, die in der Fraktion zu hören sind. Erstens: Der Zimmer moderiert nur, der fungiert in den Sitzungen allein als Stichwortgeber.

Richtig ist, dass ich natürlich Diskussionen moderiere. Das ist eine Kulturfrage: Will man im Team arbeiten oder nicht. Die Mehrheitsentscheidung liegt bei der Fraktion und nicht beim Fraktionsvorsitzenden. Insofern ist es überhaupt nicht abwegig, Stichpunkte vorzugeben und auf diese Weise Entscheidungen herbeizuführen.

Bei der Verfassungsklage aber nicht zu der von Ihnen gewünschten. Der zweite Vorwurf: Dem Zimmer fehlt die politische Leidenschaft.

Ich bin schon ein ziemlich leidenschaftlicher Mensch. Aber wenn man politische Leidenschaft gleichsetzt mit machtpolitischen Instinkten – ein reiner Machtpolitiker bin ich nicht.

Definieren Sie doch, was Sie darunter verstehen.

Das ist ein Mensch, dem es in erster Linie nicht darum geht, gute inhaltliche Politik zu betreiben, sondern seine Macht zu sichern und zu mehren.

Nur fürs Protokoll: Sie wollen definitiv nicht Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl 2006 werden?

Definitiv nicht. Ich bin jetzt seit gut einem Jahr Fraktionsvorsitzender, und ich werde mich darauf konzentrieren.

INTERVIEW: STEFAN ALBERTI