IST EIN MODELLPROJEKT FÜR ELEKTROAUTOS SINNVOLL? : Lebt die Utopie!
VON ANTJE LANG-LENDORFF
Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass spritfressenden Autos nicht die Zukunft gehört. Fossile Brennstoffe sind endlich und verpesten die Umwelt. Wenn wir auch weiterhin Auto fahren wollen, müssen Alternativen zu Benzin und Diesel entwickelt und ausprobiert werden.
Insofern liegt der Pankower Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) genau richtig, wenn er in Prenzlauer Berg ein Modellprojekt für Elektromobilität starten will. Einen Monat sollen alle anderen Autos rund um den Helmholtzplatz verschwinden. Eine herrliche Vorstellung: das sonst so zugeparkte Viertel mit viel Platz für Fußgänger, Radfahrer, Skater, Straßenkünstler und wer sich sonst auf Bürgersteige und Fahrradwege beschränken muss. Nur leise surrende Elektrowagen kreuzen ab und an ihren Weg. So könnte sich Fortschritt anfühlen.
Kleiner Arschtritt
Berlin war schon immer ein Ort gelebter Utopien. Auch dieses Experiment würde die Stadt schmücken. Rund um den Helmholtzplatz stimmten bei der letzten Abgeordnetenhauswahl 35 Prozent für die Grünen. Wo, wenn nicht hier, sollte das Öko-Projekt Akzeptanz finden?
Doch die Kritiker lassen nicht auf sich warten. Wie schon beim Veggieday werfen sie den Grünen vor, sie würden die Bürger entmündigen. Bleibt doch mal locker! Es geht hier nur um ein befristetes Experiment. Und ja, manchmal braucht jeder mal einen kleinen Arschtritt, um neue Dinge jenseits des Alltagstrotts auszuprobieren – und sie am Ende vielleicht sogar gut zu finden.
■ Wenn es nach Jens-Holger Kirchner (Grüne) geht, dann sollen rund um den Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg im Mai 2015 keine Fahrzeuge mit Diesel- oder Benzinmotoren fahren dürfen. Der Pankower Stadtrat für Stadtentwicklung will das Modellprojekt heute auf der Sitzung des Bezirksamts vorstellen. Zugelassen wären nur Fahrräder oder Elektroautos. Die Anwohner müssten ihre Privat-Pkw außerhalb des Gebiets auf einem bewachten Parkplatz abstellen. Ob Kirchner damit durchkommt, ist fraglich: Pankows Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) hält nichts von dem Vorschlag.
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Sicher ist: Kirchner wird sich gegen Widerstände durchsetzen müssen. Man kann nur hoffen, dass er standfest bleibt. Und die Idee nicht irgendwann in den von Abgasen vernebelten Pankower Wind schlägt.