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Archiv-Artikel

ISRAELS PREMIER EHUD OLMERT SOLLTE GANZ SCHNELL ZURÜCKTRETEN Regierungschef auf Abruf

Man könnte fast Mitleid mit Israels Premierminister kriegen. Ehud Olmert war doch nicht allein, als im letzten Sommer die Entscheidung fiel, in den Krieg zu ziehen. Das Kabinett stand geschlossen hinter ihm, und auch das Volk befürwortete die folgenschwere Invasion in den Libanon. Im Juli 2006 wurde Israel von der irrationalen Hoffnung beherrscht, man könne die Hisbollah innerhalb weniger Tage in die Knie zwingen, die beiden entführten Soldaten befreien und den arabischen Nachbarn einmal mehr vorführen, dass der Judenstaat unschlagbar ist. Von ein paar arabisch-israelischen Demonstranten abgesehen, die gegen den Krieg auf die Straße zogen, irrten alle.

Dumm für Olmert, dass er Premierminister war. Um festzuhalten, dass ihn die Hauptschuld trifft, brauchte es keine Untersuchungskommission. Doch Volkes Zorn war vorerst besänftigt, und die Rufe nach Olmerts Rücktritt unmittelbar nach dem Krieg verstummten. Er hätte schon damals die Konsequenzen ziehen sollen; stattdessen wand er sich wie ein Wurm am Angelhaken bei dem Versuch, auch nur die Untersuchung der Entwicklungen vor und während des Krieges zu verhindern.

Kaum zu fassen ist, wie es ihm gelang, den Gedanken an die vielen Menschen beiseitezuschieben, die in dem von ihm befohlenen Krieg ihr Leben lassen mussten. Und noch unfassbarer, dass Olmert am Tag nach der Veröffentlichung des vernichtenden Berichts noch immer das Land regiert. Mit derselben Arroganz, mit der er den Libanonfeldzug befahl, will er nun erneut die Sache in die eigene Hand nehmen: Er will sprichwörtlich die Nation aus dem Schlamm holen, in den er sie gezogen hat.

Olmert war in seiner fast eineinhalbjährigen Regierungszeit eine einzige Katastrophe. Im Anschluss an das Libanon-Desaster blockte er jede Initiative zur Annäherung an die Nachbarländer ab, Alternativen dazu konnte er nicht präsentieren. Innenpolitisch ist Olmert mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert, er ringt um sein politisches Überleben. Es ist ein aussichtsloser Kampf, den er lieber heute als morgen aufgeben sollte. SUSANNE KNAUL