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Archiv-Artikel

ISRAELS OBERSTES GERICHT STIMMT AUSSERGERICHTLICHEN TÖTUNGEN ZU Wenn Soldaten zu Richtern werden

Israels Politik der sogenannten „präventiven Tötungen“ ist schon lange umstritten. Doch nun hat das Oberste Gericht in Israel bestimmt, dass sie grundsätzlich nicht gegen internationales Recht verstoßen. Mit dieser Einschätzung steht es zwar weltweit ziemlich alleine da, denn das Völkerrecht verbietet jedes militärisches Vorgehen gegen unbewaffnete Zivilisten. Doch selbst das israelische „Anti-Folter-Komitee“, das gegen diese Praxis vors hohe Gericht zog, wollte nicht so weit gehen, die Exekutionen grundsätzlich in Frage zu stellen.

Den Menschenrechtsaktivisten ging es lediglich darum, die Bedrohung unbeteiligter Dritter durch solche Aktionen anzuprangern. Symptomatisch dafür war ein Fall vor vier Jahren: Damals warf die israelische Armee einen Sprengsatz von einer Tonne auf das Haus eines gesuchten Bombenbauers. Sie riss dabei auch 14 unschuldige Menschen in den Tod, darunter neun Kinder.

Seit Jahren geht Israel mit gezielten Tötungen gegen ausgesuchte Palästinenser vor. Doch dass Soldaten damit quasi zu Richtern werden, ist nicht allein aufgrund moralischer Bedenken umstritten. Denn die gezielten, „außergerichtlichen Tötungen“ haben sich in der Vergangenheit meist schlicht als kontraproduktiv erwiesen: Wann immer eine solche Exekution in Phasen relativer Ruhe statt fand, folgte oft umgehend eine neue Eskalation der Gewalt. So stimmte der damalige Premierminister Schimon Peres 1996 etwa dem Mord an Jahija Ajasch zu, der als „Ingenieur“ zahlreicher Bomben galt. Die Hamas rächte sich daraufhin mit einer Serie von Bombenattentaten, bei denen insgesamt fast einhundert Israelis starben und die Peres wenige Monate später den Wahlsieg kosteten. Die eingeschüchterten Israelis gaben dem Hardliner Netanjahu ihre Stimme.

Für die Armee aber spielen die politischen Folgen keine Rolle. Die Soldaten schlagen zu, wenn sie ihr Opfer erspäht haben. So werden Armeeführung und Regierung in Israel nun weiterhin darüber entscheiden dürfen, wie viele unbeteiligte Tote erlaubt sind, wenn es darum geht, einem Terroristen das Handwerk zu legen. SUSANNE KNAUL