IPCC-Klimaexperten mahnen zur Eile: Austoß an Gasen bis 2015 bremsen
In Valencia einigen sich die Staaten auf neuen IPCC-Report. Besonders gefährdet sind die Flußdeltas Afrikas und Asiens. Bis 2015 müsse der Ausstoß an Klimagasen zurückgegehen, so der IPCC-Chef.
VALENCIA dpa UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die politischen Führer der Welt eindringlich aufgerufen, die Gefahren des Klimawandels schnellstmöglich und mit aller Entschiedenheit zu bekämpfen. "Die Nachricht kann nicht einfacher sein", sagte er bei der Präsentation der Zusammenfassung des diesjährigen Weltklimareportes am Sonnabend in Valencia. "Die Gefahren sind real und können einfach bekämpft werden."
Dieser Prozess müsse noch im Dezember bei der UN-Klimakonferenz auf Bali beginnen. Dort solle ein Weg zur Reduktion der Treibhausgase starten, dem alle Länder zustimmen könnten, sagte Ban. Diese Verhandlungen müssten bis 2009 abgeschlossen sein, verlangte er. "Es gibt keine Zeit mehr zu verschwenden. Die Forscher haben klar und mit einer Stimme gesprochen." Dies erwarte er nun auch von den Politikern. Die Klimakonferenz auf Bali müsse politische Antworten auf die wissenschaftlichen Ergebnisse geben.
Der Chef des UN-Klimarates IPCC, Rajendra Pachauri, sagte, dass nur noch bis zum Jahr 2015 Zeit bleibe, die Freisetzung der Treibhausgase zu bremsen. Dann aber müsse das Maximum des Ausstoßes spätestens erreicht sein. "Glücklicherweise hat die Menschheit einige Möglichkeiten, zu handeln." Zugleich warnte er: Selbst wenn die Konzentration von Kohlendioxid (CO2) auf dem Stand von heute bliebe, werde das den Meeresspiegel auf Jahrhunderte hinaus nicht stabilisieren.
Zudem hätten sich seit den 1970er Jahren die Dürregebiete vergrößert. Der neue Bericht nenne als besonders gefährdete Regionen unter anderem die großen Flussdeltas Asiens und Afrikas. 20 bis 30 Prozent der bekannten Arten seien in Gefahr, auszusterben, sagte Pachauri. UN-Generalsekretär Ban betonte: "Die schlimmsten Szenarien des IPCC sind so angsterregend wie ein Science-Fiction-Film."
Die USA begrüßten den Klimabericht. "Wir haben eine sehr ausgewogene Position erreicht", meinte die US-Delegationsleiterin bei den Verhandlungen des Weltklimarates, Sharon Hayes. Kritiker hatten den USA vorgehalten, sie hätten bei den Verhandlungen in Valencia versucht, den Klimabericht zu verwässern. Der Verantwortliche für Umweltpolitik im Weißen Haus, Jim Connaughton, betonte, dass rasches Handeln notwendig sei. Allerdings nannte er keine konkreten Zahlen oder Daten beim Vorgehen gegen die Erderwärmung.
Mit Blick auf das mit Grafiken, Fußnoten und Daten eng beschriebene, 23-seitige Dokument sagte der Chef des UN-Umweltprogramms Achim Steiner, dass es nun ultimativ auf jeden einzelnen Bürger ankomme, die darin genannten Möglichkeiten zur CO2-Verringerung umzusetzen.
Nach Ansicht der Umweltorganisation Greenpeace gibt der Report Grund zur Besorgnis. "Wer sich jetzt noch weigert die CO2-Notbremse zu ziehen, setzt das Leben unzähliger Menschen und Tiere aufs Spiel. Ausreden lässt dieser Bericht nicht mehr zu", sagte Greenpeace-Klimaexpertin Gabriela von Goerne. Zusammen mit der Umweltstiftung WWF forderte Greenpeace, die Staatengemeinschaft solle in den kommenden zwei Jahren ein Klimaschutzpaket vereinbaren, das Industrieländer verpflichtet, ihre Treibhausgase bis zum Jahr 2020 um mindestens 30 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern. WWF-Klimachef Hans Verolme sagte: "Die harten Fakten sind, dass wir den Klimawandel verursacht haben, und es ist ebenso klar, dass wir den Schlüssel zum Stopp der globalen Erwärmung in unseren Händen haben."
Für seine Verdienste um den Schutz des Klimas erhält der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) am 10. Dezember den Friedensnobelpreis 2007. Das ehrenamtlich tätige Forschergremium fasst die weltweiten wissenschaftlichen Daten zum Klimawandel zusammen. So deutlich wie nie zuvor haben die drei Teile seines insgesamt 4. Klimareportes in diesem Jahr gezeigt, dass der Mensch die Hauptschuld an der Erwärmung des Klimas um bislang rund 0,7 Grad Celsius seit dem Beginn der Industrialisierung hat. Der in Valencia erarbeitete Synthese-Report bietet keine neuen Ergebnisse sondern fast den 4. Klimareport verständlich zusammen.
Leser*innenkommentare
Albert Uschold
Gast
In der Geologie werden Eiszeiten dadurch definiert, dass an den Polen und in den Hochgebirgen Gletscher existieren.
Wir leben momentan in der Neogen-Eiszeit. Auch wenn es also gegenwärtig wärmer wird, wir leben immer noch in der Eiszeit. In der Geschichte unseres Planeten ist dies ein Ausnahmezustand, denn während mehr als 95 % der Erdgeschichte gab es hier kein permanentes Eis. Statistisch gesehen sind Warmzeiten des charakteristischen Klima der Erde, also Zeiten, in denen es sehr viel wärmer war als heute. Die Zukunft ist schwer vorherzusagen. Seriöse Wissenschaftler sollten sich hüten, in die Rolle des Nostradamus zu schlüpfen. Computersimulationen sind nicht besser als die Prämissen, unter denen die Daten eingegeben werden, sie bilden Erwartungen ab, nicht Zukunft. Die Geschichte der Naturwissenschaften ist auch eine Geschichte der falschen Theorien und der Fehlprognosen. Das Klima ändert sich. Das Klima hat sich immer geändert. Es ist eine Frage der Kultur, wie wir darauf reagieren. Dabei kann uns die Kenntnis der Geschichte helfen. Klimaänderungen sind oft als bedrohlich empfunden worden. Falsche Propheten und moralische Unternehmer haben stets versucht, ihren Nutzen daraus zu ziehen. Überlassen wir die Interpretation des Klimawandels nicht kulturgeschichtlichen Ignoranten. Menschen sind keine Tiere, die Veränderungen ihrer Lebenswelt passiv ausgeliefert sind. Klimawandel hat in der jüngeren Geschichte zu positiven Entwicklungen geführt. Ein Ansteigen des CO2 bewirkt ein stärkeres Pflanzenwachstum. Mit der ansteigenden Temperatur werden Perma-Böden in Sibirien und Alaska für die Produktion von Lebensmitteln nutzbar. Wenn der gegenwärtige Klimawandel langfristig sein sollte - und danach sieht es momentan aus - , kann man nur Gelassenheit empfehlen. Die Welt wird nicht untergehen. Wenn es wärmer wird - wir werden uns darauf einstellen.