INTERVIEW: Der Senat geht im Banken-Moloch unter
■ Wolfgang Helms (Bündnis 90/Grüne) zur Banken-Fusion: Die Privaten werden die Geschäfte bestimmen
taz: Der Senat hat jetzt aus vier Instituten einen öffentlichen Banken-Moloch zusammengezimmert. Können die Grünen dem zustimmen?
Helms: Nein. Wir müssen aber erst mal schauen, wie die Konstruktion im Detail aussieht. Die ganze Sache läuft darauf hinaus, daß hier ein privatrechtlich organisierter Konzern entsteht, auf den die Politik immer weniger Einfluß hat. Daimler- Benz-Chef Edzard Reuter, der auch Aufsichtsrat bei der Berliner Bank ist, hat bereits klar gesagt, daß mit der neuen Bank vor allem die Aktionäre zufriedengestellt werden sollen und nicht irgendwelche Strukturpolitik betrieben werden soll. Da liegt unser Hauptproblem mit der Konstruktion: Bereits jetzt ist doch der Einfluß des Senats bei der Berliner Bank denkbar gering, obwohl der Senat dort immerhin 51 Prozent hält.
Welche Kontrollen wären nötig?
Man muß verhindern, daß die Landesbank in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wird. Der Senat behauptet zwar, er wolle das nicht tun, aber ich halte das für eine Roßtäuscherei. Absehbar ist, daß Aktienanteile abgegeben werden. Selbst wenn es begrenzte Anteile sind, werden die Privaten schon durchsetzen, nach welchen Gesichtspunkten die Bank zu arbeiten hat.
Die neue Bank scheint ein Ort zu sein, wo viele gut dotierte Posten zu verteilen sind. Erhalten die Grünen einen Aufsichtsrat?
Das glaube ich nicht. Außerdem werden bei der Fusion eher Posten eingespart. Deswegen werden die Aufsichtsräte und Vorständler der bisherigen vier Banken anfänglich vor allem damit beschäftigt sein, die lukrativen Posten zu ergattern.
Ist die Fusion grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung?
Wenn die Politik ein Interesse an öffentlichen Banken formuliert, dann doch nur, weil man nach politischen Gesichtspunkten, nach strukturpolitischen Kriterien etwas machen will, was nach rein marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht funktioniert. Dann achte ich aber darauf, daß die Zugriffsmöglichkeiten möglichst weitgehend erhalten bleiben.
...anderenfalls hätte der Senat auch ganz die Finger davon lassen können...
So ist es. Zwar behauptet Finanzsenator Meisner, daß er mit der Fusion Möglichkeiten sieht, Regionalpolitik zu betreiben, aber daran glaube ich nicht.
...er hofft, daß die Gewinne in seine Kasse fließen...
Das auch. Aber je höher der Anteil der Privaten, um so mehr wird nach deren Gesichtspunkten gewirtschaftet. Es ist ärgerlich, daß man monatelang über Tempo 30 redet, aber die großen Projekte, die auf Jahrzehnte Auswirkungen haben, nahezu unbemerkt und ohne parlamentarische Debatte durchgezogen werden. Das Gespräch führte Gerd Nowakowski
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