INTERESSANT IST, ÜBER WELCHE SUBVENTIONEN NICHT GEREDET WIRD : Politik durch Ablenkung
Wird die Mehrwertsteuer erhöht? Bleibt die Eigenheimzulage? Was ist mit der Pendlerpauschale? Das sind zweifellos sehr interessante Fragen. Aber sie sind auch sehr bequem – für die neue Koalition. Denn je ausgiebiger sich die Aufmerksamkeit auf einige wenige Subventionsposten konzentriert, desto eher bleibt unentdeckt, was gezielt nicht angesprochen wird. Die Debatten sind auch ein Ablenkungsmanöver.
Schweigen als Strategie. So wird etwa das Ehegatten-Splitting gar nicht erst erwähnt, das für viele eine Heirat so einträglich macht. 4 Milliarden Euro würde es bringen, haben die Grünen ausgerechnet, wenn man das Ehegatten-Splitting für Besserverdienende reduziert. Überhaupt die Familienförderung. Es ist noch nicht einmal klar, wie viel Deutschland dafür eigentlich aufwendet. Die Schätzungen der Experten schwanken zwischen knapp 50 und 150 Milliarden Euro, die der Nachwuchs und seine Eltern erhalten. Natürlich müssen Kinder gefördert werden – aber bei einem derart intransparenten System ist zu vermuten, dass oft die Falschen profitieren. Ein Thema für die Koalitionsverhandlungen? Wenn ja, dann wird es bisher gut geheim gehalten.
Schon gar kein Gesprächsthema ist die Ökosteuer. Dabei profitiert die Industrie von Ausnahmen, die den Staat jährlich etwa 5 Milliarden Euro kosten. Auch ein anderes Phänomen wird übergangen: Die Hälfte aller deutschen Neuwagen gilt steuertechnisch als Dienstwagen. Das überrascht. Es passt nicht zur Lebenserfahrung, dass Deutschland derart viele Chefs und Servicemitarbeiter beherbergen soll, die einen Firmenwagen benötigen. Aber bisher ist nicht aufgefallen, dass die SPD aggressiv für die Idee kämpfen würde, die Privatnutzung von Dienstfahrzeugen stärker zu besteuern.
Ach ja, die Verkehrsteuern. Selbst begeisterten Vielfliegern ist klar, dass irgendetwas nicht stimmen kann, wenn ihr Hobby billiger ist als ein Taxi. Aber der Taxifahrer muss ja auch Mineralölsteuer und Ökosteuer zahlen. Das entfällt beim Flugticket. Auch dazu herrscht: Schweigen. Diese lückenhafte Subventionsdebatte ist aufschlussreich. Sie verrät, welche Lobbygruppen besonders gefürchtet werden. ULRIKE HERRMANN