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Archiv-Artikel

INGO ARZT ZUM HAMBURGER VOLKSENTSCHEID ÜBER DEN NETZRÜCKKAUF Direkte Bürgerkompetenz

Wenn es um die Kontrolle öffentlicher Güter wie Wasser, Strom, Wärme entweder durch den Staat oder durch die Wirtschaft geht, dann sind direkte Volksabstimmungen immens wichtig. Denn der Wille der BürgerInnen und der Wille ihrer Repräsentanten klafft in diesen Fragen weit auseinander.

Das zeigt exemplarisch die Abstimmung in Hamburg über eine Rekommunalisierung der Energienetze. Sie fand zeitgleich mit der Bundestagswahl statt, bei der SPD und CDU zusammen 72,3 Prozent der Stimmen erhielten. In der Frage der Energieversorgung votierten die Wähler gegen die Volksparteien. Für Grüne und Linke war es umgekehrt: Die Bundestagswahl brachte ihnen zusammen nur 18,1 Prozent. Bei der Volksabstimmung aber siegten sie in der Sache, beide Parteien waren für die Initiative „Unser Hamburg, unser Netz“ eingetreten. Die Idee, Strom und Wärme unter öffentlicher Kontrolle zu betreiben, unabhängig vom Profit, ist eben einfach und logisch. Sie überzeugt BürgerInnen, und das ist das Entscheidende, jenseits von Parteiinteressen.

Wichtig war der Entscheid auch inhaltlich: Privatisierungen sind oft nur verkappte Steuererhöhungen. Erst klingelt die Staatskasse, wenn Infrastruktur verkauft wird, anschließend werden die Bürger gezwungen, die Dienstleistungen von den Unternehmen einzukaufen. Übernimmt die öffentliche Hand, trägt sie allerdings ein unternehmerisches Risiko. In Hamburg etwa konkurriert ein Stadtwerk mit den Unternehmen, denen die Stadt die Netze abjagt. Die Energiewende schließlich dauert Jahrzehnte – mit allen Unwägbarkeiten, ob sich eine auf Pump finanzierte Rekommunalisierung lohnt.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 12