IN DER INTERNATIONALEN KLIMAPOLITIK IST DIE ZEIT DER BLÖCKE VORBEI : Ein Eklat mit Zukunft
Die Nachricht klingt alarmierend: UN-Konferenz zum Klima gescheitert! Wo wir doch gerade lernen, wie schnell und entschieden wir handeln müssen. Wie soll da jetzt noch etwas vorangehen? So seltsam es klingt: genau so. Denn erstens war dies keine Klimakonferenz, sondern die turnusmäßige Arbeitssitzung zur nachhaltigen Entwicklung. Zweitens: Anders als wir in unserer Deutschland-zentrierten Wahrnehmung denken, haben sehr viele Länder sehr viel drängendere Probleme als den Klimaschutz. Und drittens: Gerade in dem Scheitern von New York zeigt sich, dass das Klimathema große Fortschritte macht.
Immerhin ist es wichtig genug, dafür eine UN-Deklaration gegen die Wand zu fahren. Das passiert sonst nur, wenn wirklich etwas auf dem Spiel steht – etwa bei Handelsfragen. Auch weiß die EU-Delegation, dass es zu Hause populärer ist, Härte zu zeigen, als windige Erklärungen mitzubringen. Außerdem ist das Thema nicht wirklich vom Tisch – sondern landet jetzt bei Leuten, die etwas zu sagen haben: Bei den Klimakonferenzen, in der UN-Generalversammlung, bei den Staatschefs, vielleicht sogar indirekt in den WTO-Verhandlungen.
Der Eklat von New York hat noch ein Gutes: Die Fronten klären sich. Beim Thema Klima und Energie geht der Riss quer durch alle Lager. Die Industriestaaten sind ohnehin geteilt: hier die EU, dort die USA/Australien/Kanada. Aber auch innerhalb der G 77, der Länder Asiens, Lateinamerikas und Afrikas, gibt es mindestens drei Gruppen: Schwellenländer, Ölexporteure und Arme, die der Klimawandel besonders trifft. Sie halten zusammen, weil sie Angst haben, gegeneinander ausgespielt zu werden. Doch ihre widerstreitenden Interessen werden dazu führen, dass die G 77 immer mehr bröckelt. Denn auch die Reichen sehen, dass die armen Länder beim Kampf gegen den Klimawandel Technologie und Kapital brauchen. Aber das gilt wohl weniger für China, das den Industrienationen immer mehr als Konkurrent erwächst. Die Zeit der Blöcke ist vorbei. Da werden die Gegensätze noch oft aufeinanderkrachen und sich neue „Koalitionen der Willigen“ bilden. BERNHARD PÖTTER