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Archiv-Artikel

IM SÜDSUDAN FEHLT INTERNATIONALE HILFE FÜR DEN FRIEDENSPROZESS Gestalten statt zusehen

Als Sudans Konfliktparteien Anfang dieses Jahres ein historisches Friedensabkommen schlossen, gingen sie ein gewagtes Experiment ein. Der lange umkämpfte Südsudan erhielt Autonomie und wird nun sechs Jahre lang von den dort kämpfenden Rebellen verwaltet, bevor die Bevölkerung über eine mögliche Unabhängigkeit entscheidet. Das ist ein weitreichender Präzedenzfall für Afrika.

Da dieses Friedensabkommen unter internationalem Druck entstand, müsste auch seine Umsetzung von internationalen Schritten begleitet sein, um seine Erfolgschancen zu erhöhen. Zu den Zielen müssten eine funktionierende Verwaltungsstruktur gehören oder auch die Sicherung der Lebensmittelversorgung ohne permanente Nothilfe. Doch die vorliegenden Konzepte, dieser Tage Gegenstand einer Geberkonferenz in Oslo, beschränken sich auf althergebrachte Muster der Finanzhilfen. Ein politischer Rahmen fehlt.

Südsudan ist längst noch nicht friedlich. Das Gebiet ist ein Flickenteppich streitender Milizen, die Gesellschaft leidet unter den Folgen von sozialem Kollaps und dem Schüren ethnischer Verteilungskämpfe während des Krieges. Das internationale Modell zum Umgang damit besteht darin, zur Versöhnung aufzurufen und 10.000 Blauhelme zum Zugucken hinzuschicken – schon für diesen Beschluss brauchten die UN mehrere Monate, was deutlich macht, wie wenig über diese Dinge tatsächlich nachgedacht wird. Es wird vorausgesetzt, dass ein funktionierender Staat im Südsudan sozusagen von selbst entsteht. Dieses Modell ist problematisch genug, wenn man es wie etwa im Kongo auf existierende Zentralstaaten anwendet. Im Südsudan, wo der herzustellende Zentralstaat noch nie bestanden hat, sondern es höchstens die Militärhierarchie einer Guerillabewegung gibt, ist es nicht nur problematisch. Es ist realitätsfremd.

Aber davon ist jetzt bei den Gebern höchstens inoffiziell die Rede. Öffentlich feiern sie den Frieden und stellen die praktischen Probleme zurück. Scheitert der Frieden später an praktischen Problemen, wird man den Sudanesen mangelnden politischen Willen vorwerfen. DOMINIC JOHNSON