IM MÖBELMARKT : Stolze Füchsin
Ich muss einen Flokatiteppich kaufen, als Geschenk. Das liegt daran, dass Jessica Geburtstag hat und ich mal einen Traum hatte, wo Jessica und ein Flokati drin vorkamen, und nachdem ich ihr das erzählt hatte, wurde der Traum dann teilweise auch in echt wahr, und deswegen kriegt sie jetzt zum Geburtstag einen Flokati. Ich gehe dafür zu Ikea. Das blau-gelbe Monster. Früher war ich da gern, heute, na ja. Ich mache das am Montagabend, damit es nicht so voll ist. Es geht, also man kann sich bewegen, ohne von zerstrittenen Pärchen umgerannt zu werden und ohne dass einem irgendwelche Idioten mit ihren Einkaufswagen in die Hacken fahren.
Auf der Treppe zur Kleinkramhalle sagt eine tiefe Stimme: „Jetzt beginnt der Kaufrausch. Nippes und Tinnef.“ Oh Gott, denke ich, ist das mein Über-Ich? Ist aber nur ein alter Sack hinter mir. Ich kaufrausche nicht, ich rausche durch zu den Teppichen und schnappe mir einen Flokati. Nee, doch zwei. Ich will auch einen. Flokatis sind gut, weil dafür nichts sterben musste. Aus der Badezimmerabteilung tönt ein Schrei. „Scheiße, ich hab voll zugenommen! 58 Kilo, ey ich wiege sonst 54!“ Eine geschminkte Schnitte schimpft auf Türkisch. Danach stellt sich ihre Freundin auf die Waage, wie die erste mit Jacke und Stiefeln, und triumphiert: „53, yes!“ Ein junger Typ tröstet die erste: „Voll okay, ey.“ Toll, denke ich. Die knutschen später bestimmt noch in der Bettenabteilung.
Ich nehme noch ein paar Kerzen mit, aber nur so viele, wie nachher in meine Tasche passen. Ich will keine blaue Tüte brauchen, bloß keine blaue Tüte! Ich gehe zur Kasse, zahle, und am Ausgang rolle ich die beiden Flokatis zusammen, damit ich je einen unterm Arm tragen kann. Ich bin verschwitzt und voller weißer Fussel. So trage ich die beiden Dinger nach Hause, wie eine stolze Füchsin, die zwei flauschige Lämmchen gerissen hat.
MARGARETE STOKOWSKI