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Archiv-Artikel

Humanistische Ideale ohne Verband

betr.: „Konfession ohne Kathedralen“, taz vom 26. 3. 05

Das abschließende Nietzsche-Zitat aus dessen „Götzendämmerung“ von 1889, „Ich fürchte, wir werden Gott nicht los, weil wir noch an die Grammatik glauben“, verweist auf den im Gesamtbeitrag nicht einmal erahnten Ursprung aller jemals aufgekommenen Konfessionen im sprachbefähigten Gehirn des sich kulturell vergesellschaftenden Menschen als Spezies.

Der hämische Verweis auf konfessionsfreies „Gutmenschentum“ diffamiert die eher seltene Bereitschaft, kraft intellektueller Redlichkeit auf die Inanspruchnahme jedweder außerweltlicher Gewissensinstanzen zu verzichten und sich innerweltlich jeweils eigener Reichweite gemäß der zwischenmenschlichen Verantwortlichkeit stellen zu wollen. EVA-MARIA HESSE-JESCH, Gießen

Im Gegensatz zum Autor finde ich es nicht sonderlich verwunderlich, dass der Deutsche Freidenker-Verband und der Humanistische Verband Deutschlands nur so wenige Mitglieder haben. Ich bin im vergangenen Jahr aus der Kirche ausgetreten und bin bisher noch nie auf die Idee gekommen, stattdessen in einen „Atheisten“-Verband einzutreten. Ich werde ja auch nicht Mitglied in einem Anti-Tennis-Verband, wenn ich mal das Tennisspielen aufgebe.

Im Übrigen kommen mir diese Verbände ein wenig vor wie die Anonymen Alkoholiker: Sie haben zwar der Kirche bzw. dem Glauben abgeschworen, können aber doch nicht davon lassen, sich weiterhin damit zu beschäftigen. Ich zumindest brauche keinen Verband, um meine humanistischen Ideale zu leben.

STEPHANIE GÜNTHER, Ihringen